Wohngebäudeversicherung: Einer für alle!
Ob Gemeinschafts- oder Sondereigentum – laut einem aktuellen Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs ist der Selbstbehalt in der Wohngebäudeversicherung grundsätzlich von allen Eigentümern gemeinschaftlich zu tragen. Ausnahmen von der Regel sind möglich, aber an eine strenge Voraussetzung geknüpft.
In Wohnungseigentümergemeinschaften herrscht nicht immer Eitel Sonnenschein. So auch im konkreten Fall. Die Eigentümerin einer Kölner Gewerbefläche verklagte die Wohneigentümergemeinschaft, weil sie nicht einsah, sich an dem erforderlichen Selbstbehalt der Wohngebäudeversicherung zu beteiligen. Der Streit ging bis zu Bundesgerichtshof in Karlsruhe, der nun ein wichtiges Urteil gesprochen hat (Az. V ZR 69/21).
Versicherer zahlt nur ein Viertel
Konkret ging es um eine große Anlage mit sehr vielen kleineren Wohnungen und einer großen Gewerbeeinheit. In der Vergangenheit war es wegen mangelhafter Leitungen (Kupferrohre) immer wieder zu Leitungswasserschäden in den privat genutzten Wohnungseinheiten gekommen. Die Schäden wurden regelmäßig von einem Fachunternehmen repariert und die Kosten dafür vom Gemeinschaftskonto bezahlt. Allein im Jahr 2018 beliefen sich die Rechnungen der notwendigen Handwerkereinsätze auf rund 85.000 Euro. Zwar regulierte die Wohngebäudeversicherung den Schaden, wegen des hohen Schadenaufkommens verlangte sie aber einen Selbstbehalt von 7500 Euro pro Schadensfall. Unterm Strich erstattete der Versicherer also lediglich rund 25 Prozent der Kosten. Die Differenz musste die Eigentümergemeinschaft laut Teilungserklärung gemeinsam stemmen – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Schäden im Bereich des Gemeinschafts- oder des Sondereigentums handelte.
BGH macht Strich durch die Rechnung
Mit dem Hinweis, dass ihre im Vergleich zu den Wohnungen deutlich größere eigene Gewerbeeinheit gar nicht von dem Wasserschaden betroffen sei, forderte die Klägerin in zwei Anträgen per Beschlussersetzungsklage eine von der bisherigen Praxis abweichende Verteilung des Selbstbehalts zu ihren Gunsten. Doch die Richter am Bundesgerichtshof wiesen die Klage in letzter Instanz ab. Wohnungseigentümer können verpflichtet werden, einen Schaden in der Anlage gemeinschaftlich zu bezahlen, der nur eine einzige Wohnung betrifft. Eine solche Regelung bei der Gebäudeversicherung sei grundsätzlich rechtmäßig. Zwar sei der im Versicherungsvertrag vereinbarte Selbstbehalt ein Fall der „bewussten Unterversicherung“. Allerdings würde eben auf der anderen Seite die Gemeinschaft als auch die Versicherungsnehmerin von einer „herabgesetzten Prämie“ profitieren.
Künftige Änderung des Verteilungsschlüssels möglich
Offen bleibt jedoch, ob der zweite Antrag der Klägerin – eine künftige Änderung des Verteilungsschlüssels – gerechtfertigt ist. Hierfür müsse die Klägerin „schwerwiegende Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer“ nachweisen. Dies könne zum Beispiel der Fall sein, wenn die einzelnen Rohr- und Wasserschäden auf baulichen Unterschieden des Leitungsnetzes in den Wohneinheiten einerseits und der Gewerbeeinheit andererseits beruht. Nicht ausreichend wäre es demgegenüber, wenn die Ursache bei gleichen baulichen Verhältnissen in einem unterschiedlichen Nutzungsverhalten läge. Zur abschließenden Klärung dieser Frage wurde der Fall in die Vorinstanz - das Landgericht Köln - zurückverwiesen.