Welche Versicherer den Verbraucher am besten im Blick haben
Mit kulantem Verhalten, Transparenz und einer offenen Informationspolitik beim Kunden punkten: Welche Unternehmen hier besonders gut sind, zeigt die bereits sechste Studie von FOCUS-MONEY und FOCUS-MONEY-Versicherungsprofi über die verbraucherorientiertesten Versicherer.
Lockdown wird zur Belastungsprobe
Das Corona-Jahr 2020 war in vielerlei Hinsicht eine Belastungsprobe – mitunter auch für das Verhältnis zwischen Versicherern und ihren Kunden. So musste im ersten Lockdown das Hotel- und Gaststättengewerbe wegen einer staatlichen Allgemeinverfügung weitgehend den Betrieb einstellen. Auch der Einzelhandel und das Handwerk waren betroffen und in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Doch reihenweise weigerten sich auch namhafte Versicherer, für die Umsatzausfälle aufzukommen, die eigentlich über die Betriebsschließungsversicherung (BSV) gedeckt sein sollten. Die Forderungen summierten sich auf mehrere 100 Millionen Euro.
Prozessflut weil Versicherer nicht zahlen
Besonders empört reagierten betroffene Unternehmen, Vermittler und Juristen auf die totale Verweigerungshaltung einiger Versicherer. Die Policengeber argumentierten, dass eine Pandemie bei ihnen grundsätzlich nicht versichert oder das Coronavirus nicht explizit in den Versicherungsbedingungen genannt sei. In einer Reihe von Prozessen mussten die beklagten Versicherer Niederlagen hinnehmen, oder sie einigten sich vor dem Urteilsspruch außergerichtlich. Das hat auch nach Ansicht von Branchenvertretern der eigenen Reputation in der öffentlichen Wahrnehmung geschadet. „Jeder Versicherer ist aufgerufen, einen aktiven Beitrag zur Rettung von Existenzen im Handwerk und in anderen Bereichen zu leisten. Nur so kann das Solidarprinzip in der Versicherungswirtschaft jetzt und auch künftig aufrechterhalten werden“, mahnte etwa Rainer Reitzler, Vorstandschef beim Münchener Verein.
Index misst Verbraucherfreundlichkeit
Für künftige Pandemien will der Branchenverband GDV eine Absicherung schaffen, bei der der Staat mit ins Risiko geht. Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, braucht es aber mehr. Ein wichtiger Faktor ist der empathische Umgang mit Kunden. Dabei umfasst Verbraucherfreundlichkeit eine Vielzahl von Leistungsmerkmalen: „Transparenz, eine proaktive Informationspolitik, das Einhalten von Leistungsversprechen oder, falls erforderlich, auch kulantes Verhalten gegenüber den Vertragspartnern sind hier die wichtigsten Aspekte“, sagt Dr. Claus Dethloff, Geschäftsführer von ServiceValue. Das Kölner Analyseunternehmen hat zum sechsten Mal im Auftrag von FOCUS-MONEY und dem Versicherungsprofi untersucht, wie verbraucherfreundlich die Assekuranz in Deutschland tatsächlich ist. Aufschluss darüber gibt der Verbraucherorientierungs-Index (VOI), der die Branche und ihre Unternehmen aus Sicht der Kunden bewertet. Dabei berücksichtigt die Online-Studie auch die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Direkt-, Makler-, Multichannel- und Serviceversicherer.
Erfahrung der Kunden ist gefragt
Für die Studie hat sich ServiceValue beim Konstrukt „Verbraucherorientierung“ auf die sogenannte Erfahrenskomponente konzentriert. „Das Urteil des Kunden basiert also immer auf dem konkreten Kontakt mit einem Unternehmen oder einer Marke“, erläutert Studienleiter Dethloff. Mithilfe eines Online-Panels wurden insgesamt 29.127 Stimmen zu 98 Versicherern eingeholt. Verbraucherfreundlichkeit ist im Detail sehr unterschiedlich ausgeprägt: Damit das Instrument branchen- und geschäftsmodellübergreifend funktioniert, ist eine Reduktion auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ notwendig. Deshalb basiert der VOI auf einer einzigen zentralen Frage.
Die Top Ten über alle Bereiche
Die aktuelle Studie bestätigt den positiven Trend des Vorjahrs: Drei der vier Sparten verzeichnen einen Anstieg beim Branchenmittelwert gegenüber 2020. Die Multichannel-Versicherer wiederholten ihr Vorjahresergebnis. Den größten Kundenzuspruch ernten weiterhin die Direktversicherer, die ihren Vorsprung gegenüber den Multichannel-Versicherern leicht ausbauen konnten. Mit CosmosDirect, HUK24, Allianz Direct und der Sparkassen DirektVersicherung haben es wieder vier Direktanbieter ins Gesamtranking der Top 10 mit dem höchsten VOI geschafft. Das gilt auch für die Multichanel-Anbieter ADAC, Allianz, Axa und Gothaer. Die Serviceversicherer DEVK und Debeka komplettieren die Spitzengruppe.
So messen die Wissenschaftler die Verbraucherorientierung
Zum sechsten Mal küren FOCUS-MONEY und FOCUS-MONEY-Versicherungsprofi die verbraucherorientiertesten Versicherer. Dafür wurden in der Regel mindestens 300 Kunden je Unternehmen online befragt. Insgesamt gaben mehr als 29.000 Kunden ihr Urteil ab. Messinstrument ist der Verbraucherorientierungs-Index (VOI), der die Erfahrungen der Befragten reflektiert und eine branchen- und geschäftsmodellübergreifende Vergleichbarkeit erlaubt.
Der Index wird auf Basis einer zentralen Frage erhoben: „Aufgrund seiner typischerweise gegebenen Unterlegenheit gegenüber den Unternehmen ist der Privatkunde besonders schützenswert (Stichwort: Verbraucherschutz). Bitte schätzen Sie aus eigener Kundenerfahrung der letzten zwölf Monate die ‚Verbraucherorientierung‘ der folgenden Unternehmen ein.“ Abgefragt wurden die größten Versicherer ihres Segments. Die Antworten zu jedem Unternehmen werden auf einer Skala von 0 bis 100 indiziert. Aus dem Mittelwert ergibt sich der VOI des Versicherers, der in ein Schulnotensystem übertragen wird. Der Mittelwert aller Unternehmens-VOIs ergibt den Branchen-VOI. Versicherer, die über dem Branchendurchschnitt liegen, werden mit „Gut“ ausgezeichnet. Versicherer, die über dem Durchschnitt der „Guten“ liegen, erhalten die Note „Sehr Gut“.