AfW-Hauptstadtgipfel: Ringen um Provisionsdeckel geht weiter
Parteienvertreter äußern Zu- und Ablehnung zum vorliegenden Referentenentwurf. Geplante BaFin-Aufsicht für Finanzanlagevermittler auch auf dem Prüfstand.
Auf dem 16. Hauptstadtgipfel des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. stellten sich Finanzpolitiker in Berlin den Fragen der Branche. Die Einführung eines Provisionsdeckels in der Lebensversicherung und die geplante Aufsicht der Finanzanlagevermittler durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) waren die Hauptthemen.
Dr. Jörg Kukies (SPD), Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, bekräftigte die Pläne der Bundesregierung, einen Provisionsdeckel für die Lebensversicherung einzuführen. Laut Kukies bestehe Handlungsbedarf, unter anderem weil nach Umsetzung des Lebensversicherungsreformgesetztes (LVRG) die Provisionen zuletzt wieder gestiegen seien – im Durchschnitt von 3,77 auf 3,82 Prozent der Beitragssumme. „Mit einer Begrenzung auf 4 Prozent bringen wir den Großteil der Vertriebe nicht in existenzielle Nöte", betonte Kukies.
Dem Finanzministerium liege eine neue Erhebung der BaFin vor, die Provisionsauswüchse in der Lebensversicherung von teilweise über 7 Prozent belegt. Keiner der Vertreter von Pools, Verbünden und Vertrieben im Saal konnte allerdings ähnliche Provisionswerte aus der Vertriebspraxis bestätigen. „Wenn wir nicht reagieren, wird die BaFin gegebenenfalls selbst eine Lösung implementieren", betonte Kukies. Wann das Gesetzgebungsverfahren beginnen solle, sei noch nicht abzusehen, denn die Unionsparteien blockierten derzeit.
Kompromissvorschlag der Union nicht mehrheitsfähig
Dr. Carsten Brodesser (CDU), Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, erklärte: „Mit uns ist der Referentenentwurf so nicht zu machen. Er ist ein schlechtes Signal für die private Altersvorsorge und schafft Markteintrittsbarrieren für Berater. Gute Beratung muss auch angemessen vergütet werden." Brodesser sprach von einem drohenden Bürokratiemonster und verwies auch auf das unter anderem vom AfW in Auftrag gegebene Experten-Gutachten, dass der Provisionsdeckel in dieser Form nicht verfassungskonform sei. Die Union habe daher einen Kompromissvorschlag entwickelt, der vorsieht, dass die Lebensversicherer die tatsächlich gezahlten Provisionen der BaFin meldeten. Eine Deckelung soll demnach nur erfolgen, wenn Provisionen mehr als 30 Prozent über dem Marktdurchschnitt lägen.
Doch von SPD-Seite gibt es dafür keine Sympathie. „Dieser Vorschlag hätte zur Folge, dass Versicherungsunternehmen weiterhin signifikant höhere Provisionen zahlen können. Die Obergrenze wäre atmend und könnte von Jahr zu Jahr steigen. Das halten wir für unzureichend", so Michael Schrodi, Berichterstatter der SPD Bundestagsfraktion für den Provisionsdeckel. Die BaFin müsste zudem in diesem Modell bei Missbrauch einschreiten, verfüge aber über keine Aufsicht über Versicherungsvermittler. Dafür soll die BaFin nach Wunsch der Bundesregierung die Aufsicht über die Finanzanlagevermittler erhalten. Gewerbeämter und Kammern verlören damit die Zuständigkeit.
AfW-Vorstand Frank Rottenbacher bilanzierte: „Wir sehen, dass es noch viel Abstimmungs- und Klärungsbedarf in der großen Koalition bezüglich der Regulierungsfragen der Vermittler gibt. Wir können die Datengrundlage, auf deren Basis die BaFin Provisionsauswüchse in der Lebensversicherung sieht, absolut nicht nachvollziehen."