04.10.2022 Vermittlerwelt

Bonner Erklärung: Vermittler contra Provisionsrichtwert

DIe BaFin-Ankündigung über die mögliche Einführung eines Provisionsrichtwerts sehen viele als milderes Mittel als den zuvor lange diskutierten Provisionsdeckel. Am Protest des Vermittlerverbands BVK ändert das nichts. Die unterstellten Fehlanreize und Interessenkonflikte würde es gar nicht geben.

Die Regulierung der Vermittlerprovision ist seit Jahren Dauerthema, auch weil keine wirklichen Entscheidungen getroffen werden. (Foto: © Tiko - stock.adobe.com)
Die Regulierung der Vermittlerprovision ist seit Jahren Dauerthema, auch weil keine wirklichen Entscheidungen getroffen werden.
(Foto: © Tiko - stock.adobe.com)

Mehrere Vermittler-Vertretungen wenden sich gegen staatliche Eingriffe in ihre Vergütungen, namentlich gegen die Pläne der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Provisionsrichtwerte einzuführen. Dafür haben das Präsidium des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), die Vorsitzenden der Vertretervereinigungen der deutschen Versicherungsunternehmen und die Vorstände des Arbeitskreises Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz (AVV) vergangene Woche bei ihrem Treffen in Bonn die alljährliche „Bonner Erklärung“ unterzeichnet. Sie repräsentieren nach eigenen Angaben 40.000 Versicherungsvermittler in Deutschland. Die Makler gehören größtenteils jedoch nicht dazu. Das Papier trägt den Titel: „Vergütungssysteme im Fokus der BaFin – müssen Versicherer reagieren“?

BaFin sieht weiterhin Handlungsbedarf

 

Die Abwehr von Regulierungen der Vermittlervergütung ist ein Lieblingsthema des BVK. Nach dem jahrelangen Streit um die Einführung eines sogenannten Provisionsdeckels hat sich der Fokus der Diskussion nun auf den Vorschlag der BaFin nach einem Provisionsrichtwert verschoben. Mit diesem hatte die Finanzaufsicht im Mai dieses Jahres ihre Absicht bekräftigt, weiterhin das Ziel einer Obergrenze für Provisionen in der kapitalbildenden Lebensversicherung zu verfolgen. Für das zweite Halbjahr 2022 wurde die Veröffentlichung eines Rundschreibens mit Aufsichtsstandards angekündigt. Dieses solle die Lebensversicherer an die in der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD festgeschriebenen Vorgaben zur Vermeidung von Interessenkonflikten erinnern – wie sie zum Beispiel durch zu hohe Provisionen entstehen könnten. Genau diese Provisionen hatte die BaFin im Frühjahr bemängelt und eine Analyse vorgelegt, wonach viele Fondspolicen nur ein maues Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen würden.

Vermittlerverbände sehen Widerspruch zur marktwirtschaftlichen Ordnung

 

Doch für genau diesen Provisionsrichtwert sehen die Vermittler laut ihrer Erklärung keinen Handlungsdruck und bezeichnen den Verzicht als „Kernforderung“. Es gebe aus ihrer Sicht keine Verwerfungen am Markt, die eine Begrenzung der Vermittlervergütung rechtfertigen würden. Provisionsrichtwerte würden außerdem einer marktwirtschaftlichen Ordnung widersprechen. Auch aufgrund eigener verfassungsrechtlicher Bedenken fordern die Vermittler, einer Deckelung von Provisionen durch die Hintertür eine klare Absage zu erteilen. Was damit konkret gemeint ist, geht aus der gemeinsamen Erklärung nicht hervor. Stattdessen heißt es in der Empfehlung: „Die Versicherer sollten in Einzelfällen proaktiv gegen vereinzelte überhöhte Vergütungsstrukturen vorgehen, stärker qualitative Elemente bei der Vertriebsvergütung berücksichtigen und die Vergütung stärker auf die Laufzeit verteilen, um nachhaltig eine auskömmliche Vergütung der Vermittler bei der Erfüllung ihres sozialpolitischen Auftrags zu gewährleisten.“

Forderung an Versicherungsunternehmen

 

Die Interessenvertreter fordern darüber hinaus von den Versicherungsunternehmen qualitative Beratungs- und Vermittlungsleistungen, um die Kundenzufriedenheit und die Weiterempfehlungsquote stärker berücksichtigen. Die Vermittler wollen laut eines BVK-Statements auch nachhaltige Produkte stärker durch die Versicherungsunternehmen gefördert sehen und bestehen auf mehr Transparenz in diesem Produktsegment. Die Chancen dieses Wachstumsmarktes sollten genutzt und das Thema „Nachhaltigkeit im Vertrieb“ als Zukunftsthema gesetzt werden.


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