Neues Gesetz belastet Vermittler finanziell massiv
Frank Rottenbacher, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW, kritisiert in seinem exklusiven Gastbeitrag die Pläne der Bundesregierung, alle Finanzanlagenvermittler unter die Aufsicht der BaFin zu stellen.
Was steht nicht alles im Koalitionsvertrag: Gründungen sollen vereinfacht und Bürokratieabbau soll betrieben werden, die Finanzmarktregulierung soll angemessen sein, kleine Institute sollen entlastet oder Regulierungsunterschiede zwischen großen und kleinen Instituten sollen gemacht werden. Und dann kommt die Zeile 6348: „Wir werden zur Herstellung einer einheitlichen und qualitativ hochwertigen Finanzaufsicht die Aufsicht über die freien Finanzanlagevermittler schrittweise auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übertragen.“
Doppelter Papierkram.
Wie passt das alles zusammen?. Wie passen weniger Bürokratie und eine angemessene, die Institutsgrößen berücksichtigende Regulierungstiefe mit einem Aufsichtswechsel für Finanzanlagenvermittler zusammen? Wo ist der inhaltliche Zusammenhang zwischen Bürokratieabbau und der Aufforderung im Gesetzentwurf, dass alle Finanzanlagenvermittler sämtliche bereits einmal eingereichten und für gut befundenen Erlaubnisantragsunterlagen noch einmal zusammensuchen und dieses Mal bei der BaFin einreichen sollen? Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht.
Das Maß aller Dinge?
Und noch weiter gedacht und gefragt: Warum ist eine BaFin-Aufsicht per se qualitativ hochwertiger? Hat sie sich bei der Bankenaufsicht so viele Lorbeeren verdient, dass ihr das unterstellt werden kann? Meint die Politik wirklich, dass die Bankberatung qualitativ das Maß aller Dinge ist? Und vor allem: Warum muss ein solcher Wechsel für über 38.000 Finanzanlagenvermittler sein? Fragen über Fragen und das Schlimme daran ist: Im politischen Berlin kann einem keiner wirklich fundierte, auf Zahlen basierende Antworten geben. Schlimmer noch: Es ist noch nicht einmal herauszufinden, wer diesen Satz in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. Keiner will sich outen. Aber er steht nun mal drin, also muss er nun umgesetzt werden.
Bewährtes System.
Als Bundesverband Finanzdienstleistung lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Bitte nicht falsch verstehen: Wir begrüßen eine qualitativ hochwertige und bundesweit einheitliche Aufsicht. Daher fordern wir diese einheitliche Aufsicht aller freien und unabhängigen Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler gemäß §§ 34d, 34f und 34i GewO unter dem Dach der Industrie- und Handelskammern. Das System der gewerberechtlichen Aufsicht hat sich über die letzten Jahre bewährt. Es gibt keinen erkennbaren qualitativen Grund, warum ein Wechsel erforderlich wäre. Missbrauch beziehungsweise Skandale, die aufgrund der gewerberechtlichen Aufsicht entstanden oder wenigstens begünstigt worden wären, sind nicht erkennbar. Das hatte die Bundesregierung im März 2018 sogar offiziell in der Drucksache 19/1163 bestätigt. Seither ist keine Veränderung an der Sachlage erkennbar und es gibt keine uns bekannte Evaluation, die einen Strategiewechsel begründen könnte.
Schwächung droht.
Der AfW rechnet bei einem Aufsichtswechsel zur BaFin mit Kosten in Höhe von über 1000 Euro pro Vermittler und Jahr allein für die Beaufsichtigung. Befragt nach den Konsequenzen, antwortete knapp die Hälfte der Betroffenen, dass sie nicht bereit wären, diese Kosten zu tragen, und daher ihre Erlaubnis zurückgeben würden. Lediglich sieben Prozent würden das Finanzanlagegeschäft intensivieren. Wenn das Ergebnis dieser Regulierung ist, dass sich eine große Anzahl Finanzanlagenvermittler zurückzieht oder das Geschäftsmodell ändert, dann schwächt der Gesetzgeber die unabhängige Finanzanlagenberatung in Deutschland erheblich und stärkt die Bankberatung. Das wäre dann wohl ein typischer Fall von einem Kinde, das mit dem Bade ausgeschüttet würde.