Provisionsrichtwert: BaFin-Idee sorgt für Vermittlerprotest
Die Aufsichtsbehörde hat das Thema Provisionsbeschränkungen aufgegriffen und plant die Entwicklung eines Richtwertes. Wie verpflichtend dieser sein wird, bleibt unklar. Kritik kommt von Vermittlerverbänden. Doch während der BVK die Maßnahme für das kleinere Übel hält, sieht Votum eine Art Povisionsdeckel durch die Hintertür.
Der Provisionsdeckel ist tot – lange lebe der Provisionsrichtwert: So weit sind wir zwar noch nicht, aber nachdem es um das Dauerstreitthema in den vergangenen Monaten ruhig wurde, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nun gezeigt, dass sie weiterhin das Ziel einer Obergrenze für Provisionen in der kapitalbildenden Lebensversicherung verfolgt.
Neue Standards per Rundschreiben?
In ihrem aktuellen Jahresbericht kündigt die BaFin dazu unter dem Schlagwort „Vertriebsvergütung“ an, im zweiten Halbjahr 2022 ein Rundschreiben mit Aufsichtsstandards veröffentlichen zu wollen. Dieses solle die Lebensversicherer an die in der IDD-Vertriebsrichtlinie festgeschriebenen Vorgaben zur Vermeidung von Interessenkonflikten erinnern – wie sie zum Beispiel durch zu hohe Provisionen entstehen könnten. Genau diese Provisionen hatte die BaFin erst vor wenigen Wochen bemängelt und eine Analyse vorgelegt, wonach viele Fondspolicen nur ein maues Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen.
Ankündigung bei Pressekonferenz versetzt Branche in Aufruhr
Dazu passend äußerte sich bei der Jahrespressekonferenz der Behörde diese Woche auch Dr. Frank Grund, BaFin-Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, der die Entwicklung eines Provisionsrichtwerts ankündigte. Die Behörde plane dazu eine aufsichtliche Stellungnahme im zweiten Halbjahr 2022, sagte er. Da der oberste Versicherungsaufseher das Thema eher wie eine Fußnote behandelte und sich zu Details nicht einließ, schießen die Spekulationen in der Branche derweil ins Kraut. Viele vermuten hinter dem Begriff „Richtwert“ eine Art Provisionsdeckel light durch die Hintertür, da dessen offizielle Verankerung im Koalitionsvertrag der Ampel nicht geklappt hatte.
BVK sieht seine Mitglieder nicht wirklich betroffen
Als Erstes meldete sich der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) zu Wort und zeigte sich über die medial kolportierte BaFin-Ankündigung „überrascht“ bzw. „etwas erstaunt“. Für den mitteilsamen Vermittlerverband eine eher zurückhaltende Wortwahl. Der Grund dafür ist, dass man davon ausgehe, „dass diese aufsichtsrechtlichen Maßnahmen für die Vermittlerbranche weniger einschneidend sind als ein gesetzlich vorgeschriebener Provisionsdeckel. Hier will also die BaFin nur diejenigen maßregeln, die überhöhte Vergütungsstrukturen haben. Unsere Mitglieder werden (...) davon nicht betroffen sein“, sagte BVK-Präsident Michael H. Heinz. Der Interessenverein vertritt vor allem Angehörige von Ausschließlichkeitsorganisationen. Trotz allem halte der BVK generell Eingriffe in die Vergütungen der Versicherungsvermittler für kritisch, da sie nicht im Einklang mit der marktwirtschaftlichen Ordnung stünden
Votum sieht Handeln am Gesetzgeber vorbei
Härter fiel das Urteil des Branchenverbands Votum (Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen in Europa e.V.) aus. Der geschäftsführende Vorstand Martin Klein spricht von einer klaren Kompetenzüberschreitung der BaFin. Der neue Begriff ändere nichts an den Zuständigkeiten. Derartige regulative Markteingriffe benötigten in jedem Fall eine konkrete gesetzliche Grundlage und könnten nicht allein der Willkür der Aufsichtsbehörde überlassen werden. Klein: „Es kann daher nicht sein, wenn von der Aufsicht versucht wird, am Gesetzgeber vorbei, solche Grenzen in der Lebensversicherung per Rundschreiben einzuführen. Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit muss auch die BaFin beachten und die jetzige Regierung hat mit ihrem Koalitionsvertrag klar vorgegeben, dass ein Provisionsdeckel in der Lebensversicherung nicht zur Diskussion steht.“
BaFin-Daten rechtfertigen Provisionsrichtwert keinesfalls
Die von der BaFin herangezogenen Marktuntersuchungen sind aus Sicht von Votum nicht geeignet, Missstände im Bereich der Provisionsvergütung zu belegen. Es handele sich hierbei um Daten zu den Effektivkosten der Lebensversicherer. Von diesen Daten könne keinesfalls automatisch auf problematische Provisionshöhen oder aber etwaig notwendige Begrenzungen geschlossen werden. Auch die Behauptung, dass die Kosten insbesondere bei den fondsgebundenen Lebensversicherungen zu hoch seien und damit die Rendite schmälerten, treffe nicht zu. Das habe unlängst auch die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA festgestellt. Ein einheitlicher Provisionsrichtwert könne den unterschiedlichen Vertriebsmodellen im Markt ohnehin nicht gerecht werden. Das Votum-Fazit lautet daher: „Die BaFin ist daher gut beraten, wenn sie von den Plänen ihres angekündigten Rundschreibens Abstand nimmt.“