Reformen, Regulierungen, Provisionen: BVK führt kontroverse Debatten
Schicksalstage für die Vermittlerbranche? Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute hat fünf Monate vor der Bundestagswahl bei seiner Jahreshauptversammlung noch mal die drängendsten Themen ins Schaufenster gestellt. Deutliche Kritik gibt es an den Riester-Plänen des GDV.
Das Thema Riester bleibt der große Zankapfel – so auch bei der diesjährigen Jahresversammlung des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). In der abschließenden, via Internet-Stream übertragenen, Podiumsdiskussion stritten die Teilnehmer um die Zukunft der staatlich geförderten Altersvorsorge.
BVK vs. GDV: Heinz spricht von „Kampfansage“
Dabei ging es auch um die Vereinfachung der komplexen Produktstruktur. Klare Worte fand BVK-Präsident Michael H. Heinz zu der jüngsten Forderung von GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen nach einem „einfachen, digital vertriebenem und kostengünstigem Standardprodukt“. Eine Aussage, die Heinz als Kampfansage an die gut 200.000 Vermittler wertete und nicht weniger als einen „Dammbruch und Foulspiel erster Güte“ bezeichnete. Deshalb fordere der Verband auch weiterhin: „Kein Vertrieb ohne Beratung“ und warnt vor einem Bruch zwischen Versicherern und dem Vermittlervertrieb. „Es wird für uns immer schwieriger, in dieselbe Richtung zu rudern“, merkte Heinz an und unterstrich den hohen Beratungsaufwand bei Riester-Produkten. „Riester heißt nicht nur abschließen, sondern begleiten.“
Bereits im Vorfeld hatte sich der BVK für eine Reform der kapitalgedeckten Altersvorsorge stark gemacht und stellte in einem Leitantrag konkrete Forderungen an die zukünftige Bundesregierung, darunter eine Absenkung der Bruttobeitragsgarantie. Zudem könnten mit einer einheitlichen Verwaltungsplattform mit Schnittstelle zur Zulagenstelle Prozesse verschlankt und damit Verwaltungskosten eingespart werden.
Provisionsberatung vs. Honorare: Branche bleibt traditionell aufgestellt
Kontrovers debattiert wurden auch die Vor- und Nachteile einer Provisions- oder einer Honorarberatung. Insbesondere der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Carsten Brodesser gab sich hier als „überzeugter Verfechter der provisionsgestützten Beratung“. Wenig überraschend favorisiert auch Heinz das aus seiner Sicht „etablierte und erfolgreiche Modell“ und sieht keinen Bedarf für einen „Systemwechsel“. Dabei verwies er inder Debatte auf die geringe Zahl von Beschwerden gegen Versicherungsvermittler beim Ombudsmann. Zudem würden die vergleichsweise hohen Einmalkosten der Honorarberatung Bürger mit niedrigem Einkommen abschrecken. Seine Befürchtung: „Mit einer Honorarberatung wird ein Großteil der Bevölkerung ausgeschlossen.“
Anderer Auffassung war der Wirtschaftsjournalist und Fachbuchautor Thomas Ramge. Er verwies auf eigene negative Erfahrungen. So sei er in der Vergangenheit bei der Wahl der privaten Krankenversicherung falsch beraten worden. Vermittler hätten ihm aus Eigeninteresse unpassende Produkte verkauft. Seine dadurch erlittenen Verluste in Höhe von „mehreren Tausende Euro“ wären ihm bei einer Honorarberatung für 200 bis 300 Euro womöglich erspart geblieben. Ramge glaubt, dass viele Menschen für eine nicht interessengeleitete Beratung zahlen würden. Die niedrige Zahl an Honorarberatern bringe ihn zu der Ansicht, dass es sich unter Umständen um ein Angebotsproblem und nicht um ein Nachfrageproblem handele.
Regulatorik vs. Deregulierung: Status Quo schwächt den Berufsstand
Ebenfalls laut wurde der Ruf nach weniger politischer Regulatorik. „Die Überregulierung hat ein bürokratisches Ausmaß erreicht, welches für die Vermittlerbetriebe kaum noch zu bewältigen und immer weniger nachvollziehbar ist“, heißt es dazu in dem BVK-Leitantrag. „Die Vermittler brauchen dringend wieder Luft zum Durchatmen.“
Rückendeckung dazu kam von Oliver Brüß. Zwar lobte der Vertriebsvorstand der Gothaer die Errungenschaften der umfangreichen Beratungs-, Dokumentations- und Weiterbildungspflichten im Rahmen der IDD-Regelungen. Diese hätten die Beratungsqualität und Produkttransparenz deutlich erhöht. Weitere Regulierungsverschärfungen und Reviews lehnt der Gothaer-Vorstand jedoch ab. Stattdessen müsse man über „eine Deregulierung nachdenken“ – nicht zuletzt auch, um künftig die Attraktivität des Finanzberaterberufs zu sichern.