24.06.2022 Vermittlerwelt

Votum verschärft den Ton: „Widerstand“ formieren

Mit teilweise drastischen und polemischen Worten verurteilt der Vorstand des Votum-Verbands, Martin Klein, die angebliche Tatenlosigkeit der Politik in Sachen Reformen der Altersvorsorge und im Umgang mit dem Berufsstand der Vermittler. Manche Volksvertreter sind aus seiner Sicht für Argumente nicht mehr zugänglich.

Der Vermittlerverband Votum nennte seine aktuelle Veröffentlichung selbst Appell. Der Ton gegenüber der Politik wird deutlich rauer. (Foto: © pixelschoen - stock.adobe.com)
Der Vermittlerverband Votum nennte seine aktuelle Veröffentlichung selbst Appell. Der Ton gegenüber der Politik wird deutlich rauer.
(Foto: © pixelschoen - stock.adobe.com)

Zorn, Voreingenommenheit, Widerstand: Es sind ungewohnt drastische Töne, die sich in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung des Votum-Verbands finden. Es ist eine Art Generalabrechnung mit der Politik, vorgetragen vom Sprachrohr und geschäftsführenden Vorstand des Interessenvereins für Vermittler, Martin Klein. Überschrieben ist sie mit „Appell an Politik und Aufsichten: Ermöglichen statt verhindern!“

Meldungen der vergangene Tage erzürnen Votum-Vorstand

 

Klein spricht in seinem Kommentar von drei Meldungen der vergangenen Tage, „die vielleicht auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, aber bei tieferer Betrachtung nachdenklich und zum Teil auch zornig machen.“ Gemeint sind die Meldung der Bundesbank, dass ohne Eingriff in das Rentensystem ein Anstieg der Rentenbeiträge auf 29 Prozent droht, Zahlen der Deutsche Rentenversicherung über Millionen von Menschen mit Altersbezügen unter 700 Euro im Monat und Gedankenspiele der Versicherungsaufsicht BaFin, Provisionsrichtwerte für die Vermittlung von Renten- und Lebensversicherungen festzulegen. Klein sagt dazu: „Es ist nicht das erste Mal, dass man sich fragen muss, ob politische Akteure und Aufsichten den Blick auf das große Ganze verloren haben und lediglich der Verwirklichung ihrer Partikularinteressen hinterherhängen.“

Klein sieht Missachtung seiner Berufsgruppe

 

Fast schon polemisch wird der Votum-Chef, wenn er sagt, dass der Staat über jeden Vermittler dankbar sein müsse, der bereit ist, gegen eine ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Und zwar um sie zu ihrer Altersvorsorge zu beraten und auf die große Versorgungslücke hinzuweisen, die sich auftue, wenn sie sich auf die gesetzliche Rente verlassen. Da Versicherungsvermittler ihre Vergütung erst bei Abschluss einer Renten- oder Lebensversicherung erhalten, trügen sie ein unternehmerisches Risiko, welches anderen beratenden Berufen und auch Handwerkern oder Verkäufern fremd sei. Sie müssten hoffen, dass ihr Kunde wenigstens die nächsten fünf Jahre in der Lage ist, seine Versicherungsprämien zu bedienen. Deshalb, so Klein, müsste diese Berufsgruppe eigentlich von den staatlichen Akteuren gefördert werden, wo es nur geht – „weil sie einen sozialpolitischen Auftrag erfüllt und unser Staatswesen davor bewahren, langfristig immer mehr Altersarme versorgen zu müssen“.

Schelte für den Bundeskanzler und die BaFin

 

Aus Sicht von Klein ist aktuell aber das Gegenteil der Fall. Große Teile der Politik bis hin zum  Bundeskanzler pflegten weiterhin ihre Vorurteile und verbreiteten bei jeder Gelegenheit die unbewiesene Behauptung, dass Versicherungsvermittler nur aus Provisionsgier handeln würden. Unterstützt würden die Kritiker hierbei von der BaFin, die auch ohne wirkliche Anhaltspunkte immer das Gefühl hätte, es würde zu viel gezahlt. Dabei habe sich die Aufsicht nicht einmal Gedanken darüber gemacht, welchen Aufwand ein unabhängiger Makler oder Mehrfachagent betreiben muss, bis er zu einem erfolgreichen Abschluss kommt. Klein: „Ein unter dieser Aufwandsbetrachtung ermittelter Stundenlohn ist von der BaFin bis dato nicht ermittelt worden. Sie äußert dennoch das vermeintlich sichere Wissen, Grenzwerte bestimmen zu müssen und zu können.“

Es ist nicht das erste Mal, dass man sich fragen muss, ob politische Akteure und Aufsichten den Blick auf das große Ganze verloren haben und lediglich der Verwirklichung ihrer Partikularinteressen hinterherhängen.

Martin Klein, geschäftsführender Vorstand Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V.

Politische Kontakte an der Basis sollen intensiviert werden

 

Die Forderung des Votum-Vorstands lautet, entschiedenen Widerstand zu formieren und nur noch mit denen in der Politik im Dialog zu bleiben, die noch offen für Argumente seien und sich nicht dauerhaft hinter ihrer teilweise bereits mit dem Parteibuch verbundenen Voreingenommenheit verschanzten. Klein fordert, dass Vermittler mit direktem Kundenkontakt sich in den Dialog mit ihren örtlichen Abgeordneten begeben sollten, um deutlich zu machen, dass es sich bei ihnen um Menschen handelt, die aus einem inneren Antrieb und dem Wunsch, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben, Altersvorsorgeprodukte vermitteln. Es gehe hierbei nicht primär immer nur darum, den eigenen Vorteil im Auge zu haben.

Reformen ohne neue Regulierungen

 

Abschließend stellt Klein fest, dass der gesetzliche Rahmen für diese Berufsgruppen bereits ausreichend reguliert sei. Er bedürfe keiner weiteren nationalen Sonderwege. Die übergeordnete Aufgabe der Politik müsse es vielmehr sein, mehr Anreize zu schaffen, damit Menschen ergänzend zu ihrer gesetzlichen Rente eine private Altersvorsorge aufbauen. „Diese Aufgabe hat bereits die abgewählte große Koalition in sträflicher Weise vernachlässigt und damit auch ihr Versprechen gebrochen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Die aktuelle Koalition sollte diesen Pfad des sträflichen Nichtstuns nicht weiter beschreiten und endlich die notwendigen Reformarbeiten aufnehmen.“


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