Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen: DIN-Entwurf soll helfen
Im Vertrieb wird sich durch die vorgeschriebene Abfrage von Nachhaltigkeitswünschen der Kunden bald vieles ändern. Das DIN hat mit Partnern an einer erweiterten Norm gearbeitet. Das Ziel: Bessere Orientierung für überforderte Vermittler und Schutz vor Manipulation. Ein erster Entwurf liegt nun vor.
Ab 2. August sind Vermittler verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abzufragen. So will es die Europäische Union. Zuletzt zeigte eine BVK-Umfrage aber, welche großen Umsetzungsdefizite es noch gibt. Vielen Vermittlern ist noch unklar, wie sich die neuen Abfragepflichten in den Beratungsprozess integrieren lassen. Zudem wird das Thema Nachhaltigkeit für das eigene Geschäft nicht unbedingt als Mehrwert gesehen.
Modul soll in bestehende DIN-Norm integriert werden
Abhilfe könnte das Deutsche Institut für Normung (DIN) schaffen. Der unabhängige Verein, der bei seinen internationalen Normungsaktivitäten von der Bundesrepublik Deutschland als einzige nationale Normungsorganisation unterstützt wird, hat nun den Entwurf eines Moduls „Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen“ veröffentlicht. Dahinter verbirgt sich eine Art ergänzender Leitfaden, der die Beratung strukturieren und vereinfachen, aber auch Anleger schützen soll. Dafür hat das DIN gemeinsam mit Versicherern, Banken, Kapitalanlagegesellschaften, Vertrieben, Maklern, Verbänden, Nachhaltigkeitsexperten, Verbraucherschützern und Wissenschaftlern über den Abfrageprozess beraten. Ergebnis: Das ESG-Modul – ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) – soll nach den Vorstellungen der Initiatoren zukünftig als Bestandteil der ganzheitlichen DIN-Norm 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“ anwendbar sein, aber auch unabhängig davon.
Initiatoren sehen hohes Verbraucherinteresse
Die modulare Erweiterung der „Basis-Finanzanalyse“ begründen die Ausschuss-Mitglieder damit, dass Nachhaltigkeitspräferenzen Einstellungen und Verhalten von Menschen beeinflussen und deshalb einen Teil der Lebenssituation des analysierten Privathaushalts ausmachen. „Daher werden die Verbraucher sehr bald den berechtigten Anspruch stellen, dass ihre Nachhaltigkeitspräferenzen in allen Finanzthemen ihren Niederschlag finden“, sagt Dr. Klaus Möller, Obmann des DIN-Arbeitsausschusses „Finanzdienstleistungen für den Privathaushalt“ und Vorstand der Defino Institut für Finanznorm AG. Das geplante ESG-Modul solle Verbrauchern Schutz vor manipulativer Abfrage gewähren und ihnen ermöglichen, sich weitgehend unbeeinflusst über ihre Nachhaltigkeitspräferenzen klarzuwerden. Es gehe, so das DIN, um eine „neutrale und nicht interessengesteuerte Feststellung des Verbraucherwunsches“.
Abfrageprozess für den Beratungsalltag
Die Experten haben hierfür ein idealtypisches Frage-Schema entwickelt, das sich in mehrere Bereiche einteilen lässt: Abfrage des Wissenstandes, Auswahl und Gewichtung von Schwerpunkten, Auswahl der Unternehmen. Das ESG-Modul schaffe dadurch einen klar strukturierten, verständlichen Abfrageprozess zur Nachhaltigkeitspräferenz in der Beratung. Das sei nötig geworden, weil die EU-Gesetzesvorlage in der Beratungspraxis durch die einzelnen Finanzdienstleister aufgrund ihrer Komplexität in der kurzen Zeit kaum umzusetzen war. Mit Verabschiedung der endgültigen Fassung des ESG-Moduls werde der Branche ein Instrument zur Verfügung stehen, das im Beratungsalltag einfach und flexibel handzuhaben sei und den Beratenden wie auch den Verbrauchern die Sicherheit einer gesetzeskonformen Finanzberatung gibt, heißt es vonseiten von Delfino.
Der Entwurf des ESG-Moduls liegt der Öffentlichkeit bis zum 6. Juli 2022 zur Einsicht und Stellungnahme vor. Anschließend können noch etwaige Optimierungen eingearbeitet werden, sodass das Norm-Modul im August 2022 verfügbar sein soll.