28.06.2024 Vermittlerwelt

Barometer: Jeder Fünfte scheut das Gewerbegeschäft

Viele Vermittlerinnen und Vermittler machen einen großen Bogen um das Geschäft mit Firmenkunden. Woran das liegt, hat jetzt der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW in seinem 16. Vermittlerbarometer untersucht. AfW-Vorständin und Maklerin Franziska Geusen sieht darin auch eine Folge fehlender persönlicher Betreuung seitens der Versicherer.

So komplex wie die Abläufe in einem Industriebetrieb ist meist auch die Zusammenstellung der richtigen Versicherungslösungen für das Unternehmen. Viele Makler- und Maklerinnen überlassen das lieber komplett anderen. (Foto: @ vizualni - stock.adobe.com)
So komplex wie die Abläufe in einem Industriebetrieb ist meist auch die Zusammenstellung der richtigen Versicherungslösungen für das Unternehmen. Viele Makler- und Maklerinnen überlassen das lieber komplett anderen.
(Foto: @ vizualni - stock.adobe.com)

Der herkömmliche Bauchladenmakler hat offenbar ausgedient: Ob private Altersvorsorge, Hausrat oder Vermögensschaden-Haftpflicht – in allen Bereichen schien er oder sie fachlich top ausgebildet zu sein. Dass dieses Bild in der Praxis wohl nicht mehr alltäglich zu sein scheint, belegen Ergebnisse des aktuellen Vermittlerbarometers, das der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW zum 16. Mal erhoben hat.

Danach haben mehr als 20 Prozent der befragten Vermittlerinnen und Vermittler angegeben, keine Gewerbeversicherungen zu vermitteln. Und das trotz Kombipolicen, einfachen Antragsstrecken und Onlinevergleichsprogrammen vonseiten der Anbieter. Inzwischen möchte man meinen, dass die Versicherer es möglichst leicht machen wollen, das eigene Gewerbeprodukt an den Unternehmer oder die Unternehmerin zu bringen, heißt es bei den AfW-Experten.

Haftungsrisiken und Komplexität sind die größten Hürden

 

Ein genauerer Blick auf die Umfrageergebnisse erhellt die Gründe für die Scheu vor dem Gewerbegeschäft: Insbesondere die Komplexität der Produkte spielt hier eine Rolle. Besonders auch die Haftungsrisiken im Beratungsprozess, der Aufwand in der Beratung und die Komplexität im Schadenfall sind für viele eine Hürde und zählen zu den besonderen Herausforderungen in diesem Bereich – im Vergleich zum Vorjahr mit wachsender Tendenz. Auffällig ist auch, dass weniger Teilnehmende als vor Jahresfrist angaben, keine besonderen Herausforderungen im Vertrieb von gewerblichen Versicherungen zu sehen.

„Wir sehen hier die Folge einer immer stärker reduzierten Zahl direkter Ansprechpartner, wie Underwriter, für Vermittlerinnen und Vermittler“, kommentiert AfW-Vorständin Franziska Geusen die Zahlen. „Was früher noch Nasengeschäft war, bei dem man gemeinsam unkompliziert gute Lösungen für die Unternehmen kreierte, wird heute zunehmend auf Produkte von der Stange und Hotlines gesetzt – auch im Gewerbebereich“, so Geusen, die aus Erfahrung spricht, da sie selbst Versicherungsmaklerin für Gewerbeversicherung ist.

Das komplette Geschäft geht häufig an Kooperationspartner

 

Im Rahmen von persönlichen Kommentaren verwiesen die Teilnehmenden häufig auf Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen. So hieß es unter anderem: „Hier ist Spezialisierung unabdingbar, wenn man nicht auf die Nase fallen will“; „Ich kooperiere mit Fachmaklern für gewerbliche Versicherungen.“; „Das überlasse ich lieber den Profis.“; „Die Versicherungen werden bei mir über einen Partner abgewickelt.“ Dies seien einige von vielen Hinweise darauf, dass Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler sich stärker fokussieren und nicht nur einzelne Gewerbebereiche, sondern das komplette Geschäft an Kooperationspartner abgeben, schlussfolgern die AfW-Fachleute.

Umsatzanteil mit Gewerbe steigt bei den Jüngeren

 

Hoffnung macht die jüngere Maklerschaft: Im vergangenen Jahr gaben die Befragten an, etwa 21 Prozent ihrer Einnahmen aus dem Geschäft mit Gewerbekunden zu generieren. In der Gruppe der bis 40-Jährigen ist der Umsatzanteil auf immerhin 24 Prozent gestiegen. Dies sei eine gute Nachricht für die Branche, so Geusen. „Auch die Unternehmen scheinen im Blickfeld der jungen Generation von Versicherungsmaklerinnen und -maklern zu stehen. Wenn wir gemeinsam mehr junge Menschen auch in den spezielleren Bereichen der Versicherungsbranche ausbilden, sollten auch diese beratungsintensiveren Produkte risikoadäquat vermittelt werden können“, hofft die Fachfrau.

 (© AfW)
(© AfW)

Weitere Artikel

Listing

28.06.2024 Vermittlerwelt

Vermittlerverband AfW atmet auf: Ungarn pusht Kleinanlegerstrategie

Die Land übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft und will die EU-Verhandlungen über die sogenannten Retail-Investment-Strategy (RIS) zügig vorantreiben. Der Bundesverband Finanzdienstleistungen ist optimistisch, dass das Thema Provisionsverbot endgültig vom Tisch ist.

> weiterlesen
Listing

27.02.2024 Vermittlerwelt

Maklerpools: Vermittler setzen auf mehrere Partner

Einer reicht nicht. Laut AfW-Vermittlerbarometer nutzt die Mehrheit der Makler die Dienste mehrerer Pool-Anbieter. Größe und Provisionen spielen bei der Auswahl nur eine untergeordnete Rolle. Wo Makler ihre Prioritäten setzen.

> weiterlesen
Listing

21.02.2024 Vermittlerwelt

Barometer: Vermittler mit fünf Prozent Gewinn-Plus

Mehr Umsatz und Gewinn, aber auch größere Verdienstunterschiede in der Vermittlerschaft – das ergab die jährliche Online-Branchenumfrage des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW. Es bleibt dabei, dass etwa die Hälfte der Vermittlerinnen und Vermittler nur einen Gewinn von 50.000 Euro oder weniger haben. Doch die Gruppe der Topverdiener verbuchte das stärkste Plus.

> weiterlesen