Lebensversicherung: BaFin droht mit Lizenzentzug
Die Finanzaufsicht könnte kapitalschwachen Lebensversicherern verbieten, Neugeschäft zu schreiben – und sieht Handlungsbedarf bei den Vertriebskosten.
Die Finanzaufsicht BaFin droht kapitalschwachen Lebensversicherern mit einem Entzug der Lizenz für das Neugeschäft. Wenn sich abzeichne, dass ein Versicherer 2032 die Solvency-II-Kapitalanforderungen nicht erfüllen kann, könne ihm die Behörde die Anwendung der bis dahin geltenden Übergangsregelungen untersagen. „Dies könnte dazu führen, dass der Versicherer in letzter Konsequenz kein Neugeschäft mehr schreiben darf“, sagte der für die Branche zuständige Exekutivdirektor Frank Grund der „Börsen-Zeitung“. Einen konkreten Fall gebe es noch nicht. „Aber perspektivisch schließe ich das nicht aus.“
Zwei von drei Versicherern nutzen Übergangsregeln
Der BaFin-Chef erwartet, dass sich der Trend zur Konsolidierung unter den rund 80 Lebensversicherern in Deutschland fortsetzt. Die Finanzaufsicht hatte bereits gewarnt, dass ein Viertel der Gesellschaften die geforderte Solvenz-Kapitalquote von 100 Prozent nur mithilfe der Übergangsmaßnahmen erfülle, die das Solvency-II-Regelwerk zur Eigenmittelausstattung vorsieht. Lebensversicherer können demnach bei der Finanzaufsicht beantragen, dass ihre Rückstellungen nicht sofort auf Grundlage von Solvency II bewertet werden, sondern nur schrittweise. So dürfen beispielsweise Anleihen höher bewertet werden, wenn sie nur vorübergehend an Wert verlieren. Inzwischen nutzen gut zwei Drittel der Lebensversicherer in Deutschland die bilanzschonenden Regeln.
Mehr Lebensversicherer unter intensiver Aufsicht
Die Übergangsphase endet 2032. Die BaFin hatte aber schon kürzlich angemerkt, dass es bei einigen Versicherern unklar sei, wie sie die Lücke bis 2032 schließen wollen. Ihnen schaut die BaFin genau auf die Finger. „Ich rechne damit, dass auch wegen Corona die Zahl der Lebensversicherer unter intensivierter Aufsicht steigen wird“, sagte Grund. Mit einer Entlastung rechnet der oberste Branchenaufseher bei der Zinszusatzreserve (ZZR). Die Lebensversicherer müssen jedes Jahr Milliarden zurücklegen, um sicherzustellen, dass sie die Garantien an ihre Kunden auch bei Dauer-Niedrigzinsen noch erfüllen können. 2020 waren das etwa elf Milliarden Euro. Für das laufende Jahr erwartet Grund 10,4 Milliarden, 2022 neun Milliarden Euro.
Hohe Vertriebskosten – BaFin fordert Provisionsdeckel
Die BaFin drängt die Lebensversicherer dazu, stärker an der Kostenschraube zu drehen. Die Bundesregierung hat sich vorerst nicht auf einen Provisionsdeckel geeinigt, der die Vergütungen von Versicherungsvertretern und Maklern für den Abschluss von Lebensversicherungen begrenzen würde. Grund: „Handlungsbedarf besteht aus meiner Sicht aber nach wie vor. Wir schauen uns sehr genau an, wie Unternehmen mit ihren Vertriebskosten umgehen.“