Exklusiv 06.05.2024 Branche

Arbeitskraft optimal absichern

Interdisziplinär, zielgruppenorientiert und nachhaltig: Continentale Vorstandsmitglied Dr. Helmut Hofmeier spricht im FOCUS MONEY-Versicherungsprofi über Erfolgsfolgsfaktoren in der Produktentwicklung, das Geheimnis stabiler Beiträge, Change-Prozesse bei der Digitalisierung und womit das Unternehmen als Arbeitgeber punktet.

Dr. Helmut Hofmeier ist seit 2016 Mitglied des Continentale-Vorstands. Der diplomierte Mathematiker verantwortet dort das Produktmanagement und die Versicherungstechnik in den Bereichen Kranken- und Lebensversicherung. (Foto: Continentale)
Dr. Helmut Hofmeier ist seit 2016 Mitglied des Continentale-Vorstands. Der diplomierte Mathematiker verantwortet dort das Produktmanagement und die Versicherungstechnik in den Bereichen Kranken- und Lebensversicherung.
(Foto: Continentale)

Der Schutz der Arbeitskraft verharrt hierzulande seit Jahren auf einem viel zu niedrigen Niveau. Woran liegt das?

Dr. Helmut Hofmeier: Leider unterschätzen die Menschen immer noch ihr eigenes Risiko. Und sie sind nicht ausreichend informiert. Die gute Nachricht ist: Der Bevölkerung ist zunehmend bewusst, dass die Absicherung der eigenen Arbeitskraft existenziell notwendig ist.
Besonders die 18- bis 29-Jährigen, also die Generation Z, halten diese Vorsorge für wichtig. Aber die Menschen handeln nicht danach. Das zeigt unsere Continentale-Studie zur Arbeitskraftabsicherung. Der Aufklärungs- und Beratungsbedarf bleibt hoch. Dem Vermittler kommt hier eine bedeutende Rolle zu. Und wir als Versicherer sind gefragt, passende Produktkonzepte zu entwickeln und exzellenten Service zu bieten.

Mit einem innovativen Produktkonzept geht Ihr Unternehmen neue Wege. Wie kommt das im Markt an?

Hofmeier: Mit dem EinkommensvorsorgeConcept – kurz EC – verbinden wir erstmals die Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherung in einem Produkt. Damit wollen wir vor allem Menschen erreichen, die körperlich anspruchsvolle Berufe ausüben und sich aus finanziellen Gründen keine ausreichende BU-Vorsorge leisten können. Vertriebsstart war Ende März. Das Produktkonzept rundet unser umfassendes Angebot für die Arbeitskraftabsicherung ab. Wir sind gerade noch mitten in der Vermarktung. Daher ist es noch ein bisschen zu früh, eine Aussage zu treffen. Die erste Resonanz seitens des Vertriebs ist positiv.

Wieso haben Sie gerade die körperlich Tätigen in den Fokus genommen?

Hofmeier: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für nicht-akademische Berufsgruppen wie Handwerker oft zu teuer. Vor allem körperlich Tätige schließen häufig eine Vorsorge mit einer viel zu niedrigen Rente ab. Oder sie greifen zu unzureichenden Alternativen als Kompromisslösung. Im schlimmsten Fall sorgen sie gar nicht vor. Das wollen wir ändern.

Was bieten Sie konkret mit dem EC?

Hofmeier: Wird der Kunde berufsunfähig, erhält er bereits einen Teil der versicherten Rente. Sein EU-Schutz läuft dann beitragsfrei weiter. Mit diesem finanziellen Polster kann der Versicherte sich um seine Gesundheit kümmern, sein Leben umorganisieren und sich beruflich neu orientieren. Denn ein Handwerker kann in der heutigen Zeit, geprägt von Digitalisierung und technischem Fortschritt, oft sein Erwerbsleben fortsetzen. Auch, wenn er seinen eigentlichen Beruf vorübergehend nicht oder gar nicht mehr ausüben kann. Sollte er aber weniger als drei Stunden arbeiten können, erhält er eine höhere EU-Rente.

Worauf haben Sie beim Prozess der Produktentwicklung besonders geachtet?

Hofmeier: Der Markt der Berufsunfähigkeitsversicherungen ist mittlerweile sehr weit entwickelt, wenn nicht gar ausgereizt – das ist nichts Neues. Gleichzeitig verändern sich aktuell Berufsbilder rasant und auch unsere Wettbewerber schlafen nicht. Uns geht es nicht darum, eine Lösung für möglichst  alle bereitzustellen. Wir wollen unseren Kunden passgenaue Absicherungen bieten. Daher fokussieren wir uns stark auf Zielgruppen. Und damit erreichen auch die Vermittler viel mehr Menschen.
Unser Ansatz ist dabei immer interdisziplinär: Unsere Produktmanager beziehen unsere Leistungs- und Risikoprüfer und die Vertriebskolleginnen und -kollegen ein. Und sie arbeiten eng mit den Rückversicherern und unseren Mathematikern zusammen, denn wir wollen immer eine nachhaltige und stabile Kalkulation der Beiträge erreichen. Und das funktioniert sehr gut: Seitdem wir vor knapp 70 Jahren unsere erste Berufsunfähigkeitsversicherung auf den Markt gebracht haben, mussten wir unsere eingangs kalkulierten Nettobeiträge noch nie anpassen.

Wir bieten unseren Kunden einen langfristig existenzsichernden
Versicherungsschutz

Dr. Helmut Hofmeier

Sie haben zeitgleich mit dem EC auch das BeamtenvorsorgeConcept gelauncht. Was hat es damit auf sich?

Hofmeier: Das BeamtenvorsorgeConcept – kurz BC – ist eine echte Versicherung für die finanziellen Folgen einer Dienstunfähigkeit. Es bietet außerdem zusätzlichen Schutz bei Erwerbsunfähigkeit. Die Dienstunfähigkeitsrente passt sich an die individuelle Laufbahn des Beamten und seine bereits erworbenen Ansprüche für ein Ruhegehalt an. Das ist bislang einzigartig in der Branche.

Eine Absicherung der Arbeitskraft sollte möglichst früh erfolgen – das wirkt sich günstig auf die Beiträge aus.

Hofmeier: Und genau deshalb haben wir bei der Entwicklung auch an den Nachwuchs gedacht: Anwärter und Beamte auf Probe können sich bereits mit dem BC absichern. Damit müssen Beamte – eine attraktive und vor allem wachsende Zielgruppe – jetzt bei der Absicherung ihrer Arbeitskraft keine Kompromisse mehr eingehen.

Wie stark ist das Thema Nachhaltigkeit bei der Continentale verankert und beeinflusst bereits Prozessabläufe?

Hofmeier: Wir beschäftigen uns als Continentale nicht in erster Linie mit dem Thema Nachhaltigkeit, weil es regulatorisch gefordert, medial erwünscht oder von Kunden erwartet wird. Unser Geschäftsmodell ist seit jeher nachhaltig ausgerichtet. Wir bieten unseren Kunden einen langfristig existenzsichernden Versicherungsschutz. Dieser Grundgedanke durchzieht alle geschäftlichen Aktivitäten, von der Produktentwicklung über die Vertriebs- und Personalstrategie bis hin zur Kapitalanlagestrategie.

Welche Rolle spielen dabei innovative Technologien?

Hofmeier: Wir möchten wettbewerbsfähig, erfolgreich und verlässlich bleiben – sowohl als Versicherer für unsere Vertriebspartner und Kunden als auch als Arbeitgeber für unsere Mitarbeitenden. Die Digitalisierung spielt dabei eine, wenn nicht die zentrale Rolle. Wir modernisieren fortlaufend unsere Systeme. Gleichzeitig nehmen wir unsere Schnittstellen zu unseren Partnern und Kunden in den Fokus. Zudem automatisieren oder teilautomatisieren wir Prozesse. Als Hilfsmittel wird auch Künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle spielen. Sie kann zum Beispiel in der Kommunikation mit dem Kunden, bei der Leistungsbearbeitung und der Produktentwicklung eingesetzt werden.
Ein wichtiges Digitalisierungs-Projekt in der Sparte Leben haben wir bereits vor zwei Jahren abgeschlossen: die Modernisierung unseres Leben-Bestandsführungssystems. Das hat den Anschluss an die Digitale Rentenübersicht, die neue zentrale Altersvorsorge-Plattform für Verbraucher, deutlich vereinfacht. Ein Grund dafür, warum wir direkt zu den ersten elf Versicherern gehörten, die bereits Anfang des Jahres dabei waren. Darauf sind wir sehr stolz.

Wie verändern Digitalisierung und KI die Anforderungen an Mitarbeitende – und gelingt der Change-Prozess?

Hofmeier: Die persönliche Betreuung unserer Kunden und Vertriebspartner ist ein wichtiger Faktor für unseren Erfolg. Das wird so bleiben, auch wenn sich der Arbeitsalltag durch Digitalisierung und KI weiter verändert. Auf diesem Weg nehmen wir die Kolleginnen und Kollegen mit.
Selbstverständlich fällt es jedem unterschiedlich leicht, sich darauf einzustellen. Aber: Die Technik dient immer unseren Mitarbeitenden, Vertriebspartnern und Kunden – nicht umgekehrt. Denn ohne qualifiziertes Personal werden wir trotz aller Technik künftig nicht bestehen können. Daher sind Digitalisierung und KI für uns keine Bedrohung, sondern sie sichern Arbeitsplätze. Darum haben wir auch in einer gemeinsamen Erklärung mit unseren Betriebsräten festgehalten, dass bei uns kein Mitarbeitender aufgrund technischen Fortschritts seinen Job verlieren wird.

Wie positionieren Sie sich im Bereich Employer Branding, um qualifizierte Fachkräfte, aber auch Vermittler langfristig an Ihr Unternehmen zu binden?

Wir verstehen uns mit unseren Verbundunternehmen Continentale, Europa und Mannheimer als ein Versicherungsverbund auf Gegenseitigkeit, der mit drei starken Marken nach außen auftritt. Mit diesem Grundgedanken arbeiten wir auch miteinander, mit unseren Vertriebspartnern und mit unseren Kunden.
Als Arbeitgeber punkten wir mit einem authentischen, persönlichen Auftritt mit Markenbotschaftern aus unserem Haus. Zudem überzeugen wir mit langfristigen Angeboten in den Bereichen Work-Life-Balance, Vorsorge und Beratung, Finanzen, soziales Miteinander, Gesundheit und Weiterbildung. So haben wir zum Beispiel knapp 350 verschiedene Arbeitszeitmodelle. Und – das gehört ja eigentlich schon zum guten Ton – unsere Mitarbeitenden können mobil oder an einem Telearbeitsplatz arbeiten. Gleichzeitig legen wir großen Wert auf den persönlichen Austausch. Er spielt eine zentrale Rolle in unserer Unternehmenskultur.
Das persönliche Miteinander ist uns auch in der Zusammenarbeit mit unseren Vertriebspartnern – sowohl im Ausschließlichkeitsvertrieb als auch im Maklervertrieb – sehr wichtig. Unsere Vermittler haben persönliche Ansprechpartner, die sie qualifiziert beraten und unterstützen. Das wird vom Vertrieb sehr geschätzt.

Dr. Helmut Hofmeier

  • Geboren 1964, Diplom-Mathematiker und Physiker 

  • ab 1995: Gothaer Versicherungen

  • ab 2001: Aktuar und Vorstandsmitglied Gothaer

  • ab 2006: Vorstandsvorsitzender Gothaer Lebensversicherung

  • ab 2014: Partner und Geschäftsführer bei Deloitte

  • ab 2016: Mitglied des Vorstands der Continentale, zuständig für Produktmanagement und Versicherungstechnik der Sparten Kranken- und Lebensversicherung

Über die Continentale

München: Direktionsstandort der Continentale Leben (© Die Continentale)
München: Direktionsstandort der Continentale Leben (© Die Continentale)
  • Die Continentale Lebensversicherung AG wurde 1892 als Pensionsverein gegründet. Sie versteht sich als einer der wenigen Lebensversicherer im deutschen Markt, der nach wie vor eine umfassende Produktpalette anbietet.

  • Das Unternehmen mit Sitz in München betreut rund 938.000 Versicherungsverträge. Es bietet seit 1955 Produkte zur Arbeitskraftabsicherung. Die Beitragseinnahmen beliefen sich 2022 auf rund 1,1 Milliarden Euro.

  • Die Gesellschaft beschäftigt 287 Mitarbeiter und ist Teil des Continentale Versicherungsverbunds, zu dem auch die Continentale Krankenversicherung a.G., die Continentale Sachversicherung AG sowie weitere Partner (z.B. Europa Versicherungen, Mannheimer Versicherung) gehören.

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