Sie sind Treuhänder, Produktexperten und Ratgeber – ohne die Vermittler geht nichts in der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Sie leben von ihren Kundenbeziehungen, kümmern sich um den persönlichen Kontakt und sorgen für das nötige Vertrauen. VP-Online stellt unabhängige Makler, Exklusiv-Vertreter und Spezialisten an dieser Stelle vor und gibt dieser wichtigen Berufsgruppe eine Stimme.

06.10.2020 Vermittler im Porträt

Foto: © el-portrait

Wie nachhaltiges Unternehmertum aussieht

Hans Seeliger: Ein Unternehmer alter Schule und selbsternannter Kümmerer. Mit 22 in die Selbstständigkeit, steht er seit 37 Jahren an der Spitze seiner Maklerfirma in der Nähe von München. Kein Wunder, dass ihm eine generationenübergreifende Beratung am Herzen liegt. Seeliger engagiert sich mit Nachdruck für ein laufendes Vergütungsmodell in seiner Branche. Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei ihm nicht nur in der Anlagestrategie eine Rolle, sondern wird auch am Arbeitsplatz von ihm und seinen Mitarbeitern gelebt.

Wie ist Ihr Unternehmen entstanden?

Ich bin in einem Unternehmer- und Handwerkerhaushalt aufgewachsen, die Selbstständigkeit wurde mir somit sprichwörtlich „in die Wiege gelegt“. Ich wollte Gutes für meine Mitmenschen tun und dabei selbst auch gut leben können. Nach einer ersten ernüchternden Arbeitserfahrung in einem Lebensversicherungsvertrieb kam ich 1983 mit dem damaligen Filialdirektor der Alte Leipziger in München zusammen – wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Mit der, zwar befristeten, Sicherheit einer umsatzunabhängigen Mindestvergütung konnte ich mit 22 Jahren unbeschwert in dieser schwierigen Branche starten. Hilfreich war, dass mir rund 300 nicht betreute Kunden der Alte Leipziger zugewiesen wurden. Nahezu alle dieser Kunden werden heute noch von mir und meinem Team betreut und darüber hinaus bereits deren Nachfolgegeneration.

Was ist Ihr Selbstverständnis als Unternehmer in der Versicherungsbranche?

Seit der Gründung meines Unternehmens lebe ich nachhaltig die Rolle des „Kümmerers“. Alle meine Mitarbeiter sind fest angestellt und erhalten ein umsatzunabhängiges, auskömmliches Gehalt. So kann sich jeder - und ist die Aufgabe noch so klein - um die Belange unserer Kunden kümmern. Seit rund zwei Jahrzehnten kämpfe ich zudem um die Einführung einer laufenden Vergütung für uns Makler über alle Sparten hinweg, um die negativen Auswirkungen einer rein abschlussgetriebenen Vergütung sukzessive zu beenden. Dass immer mehr Versicherer ihre Vergütungsmodelle in diese Richtung umstellen, rechne ich auch in meine Erfolgsbilanz mit ein.

Der Trend geht zu immer mehr Spezialisierung. Sie setzen auf das Vollsortiment. Warum?

Für uns steht der Kunde in seiner Gesamtheit im Mittelpunkt. Persönliche und monetäre Zielsetzungen bedürfen unterschiedlicher Maßnahmen, die ein Makler, der sich lediglich auf eine Sparte spezialisiert, nicht bieten kann. Dem Wunsch nach Sicherheit kann einerseits durch sachbezogene Versicherungen, wie Haftpflicht- oder Feuerversicherung, entsprochen werden, andererseits bedarf es ebenso Sachverstand in punkto Absicherung der Arbeitskraft oder dem Erhalt des Lebensstandards im Alter. Idealerweise werden diese Themen im gesamten Familienkontext betrachtet und es findet eine generationsübergreifende Betreuung statt.

Welche Bedeutung haben Netzwerke und Pools für Ihre Arbeit?

Wir verfügen über ein seit Jahrzehnten gewachsenes Netzwerk aus Steuerberatern, Rechtsanwälten und Notaren sowie kompetenten Ansprechpartnern bei den jeweiligen Produktpartnern. Zusammen mit unseren guten Kontakten zu Bauträgern und Hausverwaltungen können wir interdisziplinäre Dienstleistungen auf hohem Niveau bieten. In ähnlicher Weise bieten uns Pools Vorteile durch Großkundenkonditionen oder den Zugang zu Spezialkonzepten und exotischen Produkten. Selbstverständlich nutzen wir auch die Vorteile der zentral organisierten – und der Regulatorik entsprechenden – Weiterbildung und des fundierten Erfahrungsaustausches. Den größten Vorteil sehen wir jedoch in der Weiterentwicklung und Implementierung der Digitalisierung, die für uns seit geraumer Zeit höchste Priorität genießt.

Wie stark haben Sie Ihre Arbeit denn bisher digitalisiert?

Wir sind bereits weit in der Digitalisierung der Abläufe und Prozesse vorangeschritten. Allerdings ist es ein Hindernislauf ohne definiertes Ende. Ziel ist es, die vollständige Synchronisation von Daten und Dokumenten in verschiedenen Systemen ohne manuelle Eingriffe zu ermöglichen. Der Kunde soll die Möglichkeit erhalten, bequem über sein Smartphone oder den PC alle seine Assets im Blick zu haben. Dabei wollen wir weiterhin persönlich bleiben, den Kunden begleiten und beraten.

Rein abschlussorientierte Einkommensmöglichkeiten führen zu Verwerfungen in der Kundenbetreuung und sind letztendlich für den schlechten Ruf der Branche verantwortlich.

Hans Seeliger, Geschäftsführer Gesellschafter Seeliger & Co. GmbH

Welche bürokratischen Rahmenbedingungen würden Sie gern ändern?

Konkret wäre den Menschen geholfen, wenn es das bereits verabschiedete digitale Rentenkonto, in das alle Daten aus gesetzlicher Rentenversicherung und den verschiedenen Versorgungsträgern einfließen und somit einen Gesamtüberblick ermöglicht, zügig umgesetzt wird. Ebenso könnte das Thema Datenschutz zentral durch eine Datenbank geregelt werden und damit Einzelvereinbarungen mit jedem Kunden obsolet machen. Regelungen für Vorsorgeprodukte und staatliche Förderungen sollten bis auf ein Minimum verschlankt und vereinfacht werden. In der Beratungspraxis ist es beispielsweise kaum erklärbar, warum eine Mutter nach drei Jahren Elternzeit keine Riester-Förderung mehr erhält, wenn sie nicht sofort wieder einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht und der Ehemann selbständig ist. Hier wäre ein gemeinsames Altersvorsorgekonto, das über alle Förderungen hinweg bespart werden kann, eine zukunftsweisende Idee. Ebenso wäre mehr Flexibilität bei den Garantien wünschenswert, um eine renditeorientiertere Anlage zu ermöglichen.

Die Branche hat ein Nachwuchs- und Nachfolgeproblem. Worin sehen Sie die Gründe?

Das bestehende Nachwuchsproblem in der Branche resultiert vor allem aus dem bereits angesprochenen aktuellen Vergütungssystem. Rein abschlussorientierte Einkommensmöglichkeiten führen zu Verwerfungen in der Kundenbetreuung und sind letztendlich für den schlechten Ruf der Branche verantwortlich. Wenn auskömmliche, laufende Einnahmen vorhanden sind, stellt das Unternehmen auch einen echten Wert dar, der gerne auch von einem Nachfolger übernommen werden will oder letztendlich auch die Firma verkaufbar macht. Wie die Zahlen der Handelskammern zeigen, beginnen die meisten Unternehmer zu spät, sich aktiv um eine Nachfolge zu kümmern. Wir bereiten das ganze Team seit einigen Jahren auf dieses Thema vor, um einen fließenden und damit reibungslosen Übergang für alle zu ermöglichen.

Nachhaltigkeit spielt in Ihrem Unternehmen eine große Rolle. Woran zeigt sich das?

Der ressourcenschonende Umgang mit unserer Umwelt war für mich von Anbeginn ein Herzensthema. In den 80er Jahren war es die Anschaffung von unbehandelten Möbeln aus Massivholz, weiter ging es mit dem Verkauf von baubiologisch errichteten Häusern und der öffentlichen Seminarreihe „Öko-logisch!“ sowie des Angebotes erster Windkraftbeteiligungen in den 90er Jahren. Seit 2005 bieten wir eine Online-Beratung an und haben damit in den vergangenen Jahren viele Reisekilometer gespart. Besonders erfreulich ist, dass wir im Mai dieses Jahres unsere eigene Photovoltaikanlage in Betrieb nehmen konnten und wir als Unternehmen nun komplett CO2 neutral aufgestellt sind. Nur mit nachhaltiger Unternehmensführung, basierend auf Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Offenheit schaffen wir Vertrauen bei Kunden, Mitarbeitern und Partnern – das ist unsere Maxime.

Zum Abschluss: Welche Nachricht würden Sie gerne einmal über sich lesen?

Gleichwohl es ein bisschen hochtrabend klingt: Ich würde gerne mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln eine bessere Welt hinterlassen als ich sie vorgefunden habe.

Vita

  • Geboren: 1961
  • 1983: Gründung der Generalagentur Alte Leipziger
  • 1986-1988: Studium zum Versicherungsfachwirt
  • 1988: Gründung der Hans Seeliger GmbH als Versicherungs- und Finanzmakler
  • 1991: Verschmelzung der Hans Seeliger GmbH und der VM Versicherungsmakler zur VM Team GmbH
  • 1993: Gründung der Bauträgergesellschaft Atrium GmbH
  • 1997: Übernahme von 99,5 Prozent der Anteile der VM Team GmbH und Umbenennung in Seeliger & Co. GmbH
  • 2014: Weiterbildung zum geprüften Generationenberater
Das Unternehmen online

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