Pkw-Diebstahl: Versicherer unterstellt Kunden Betrug
Auto gestohlen, Täter verurteilt. Die Kaskoversicherung des Opfers vermutete dennoch einen fingierten Diebstahl und verweigerte die Zahlung. Vor Gericht kam sie mit dieser steilen These nicht durch.
Der Fall.
Ein Autofahrer wollte von seiner Kaskoversicherung Ersatz wegen des Diebstahls seines Renault Megane Grandtour. Er gab an, das Fahrzeug in der Nähe seiner Wohnung abgestellt zu haben. Bei seiner Wiederkehr am nächsten Morgen habe er es nicht mehr auffinden können. Es wurde dann tatsächlich auch ein Täter überführt.
Der Versicherer aber lehnte trotz strafrechtlicher Verurteilung des Täters seine Leistungspflicht ab und bezweifelte, dass ein versicherter Diebstahl vorlag. Nach Auffassung des Versicherers habe der Halter nicht glaubhaft nachweisen können, dass sein Wagen tatsächlich gestohlen wurde. Das Unternehmen warf ihm sogar eine vorsätzliche und arglistige Verletzung seiner Obliegenheitspflichten vor. So sei die Kilometerangabe des Versicherers unzutreffend gewesen. Außerdem habe er es versäumt, den Sohn als Zeugen zu benennen. Es kam zum Rechtsstreit.
Das Urteil.
Die fehlenden Angaben wertete das Landgericht Dresden lediglich als fahrlässig und nicht als grob fahrlässig oder gar vorsätzlich und verurteilte die Beklagte zur Leistung. Der vierte Senat des OLG Dresden (Az: 4 U 87/22) bestätigte das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang – nachdem er zuvor der beklagten Versicherung zur Rücknahme der Berufung geraten hatte. Er sah keine Veranlassung, die Feststellungen des LGs in Zweifel zu ziehen. Die Kammer habe die in der Rechtsprechung entwickelte zweistufige Prüfung und die darin vorgesehene Beweiserleichterung richtig angewandt.
Auf der ersten Stufe hat der Versicherungsnehmer zur Überzeugung des Gerichts Tatsachen nachzuweisen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf einen Autodiebstahl schließen lassen. Davon ist der Senat nach der erstinstanzlichen Anhörung des Klägers angsichts der Verurteilung des Täters überzeugt. Auf der zweiten Stufe stellte der Senat fest, dass der Diebstahl nach zutreffender Wertung des LG Dresden nicht fingiert gewesen sei. Die von der beklagten Versicherung dazu vorgetragenen Vermutungen genügten dem erforderlichen Maß der erheblichen Wahrscheinlichkeit nicht. Auch war die Redlichkeit des Klägers aus Sicht des Senats nicht durch die falsche Laufleistung bei der Schadenmeldung in Zweifel zu ziehen.
Die Bewertung.
Dieser Fall zeigt beispielhaft die Anwendung der Beweiserleichterung des Versicherungsnehmers. Die Entscheidung belegt einmal mehr, dass es sich lohnt, Leistungsablehnungen durch Versicherer nicht einfach zu akzeptieren, sondern auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dabei sollte man sich auch nicht scheuen, Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.