PKV-Prämienerhöhungen: Versicherer mit Teilerfolg vor dem BGH
Paukenschlag in Karlsruhe: Eine zuvor für unwirksam erklärte Klausel in den Vertragsbedingungen einer privaten Krankenversicherung ist doch rechtens. Sie erlaubt es, die Prämie auch bei einer Abweichung der Kosten und Sterbewahrscheinlichkeit von fünf Prozent statt der ursprünglich angedachten zehn Prozent zu korrigieren.
Es hat sich zu einem juristischen Dauerbrenner-Thema entwickelt: Der Streit um unwirksame Klauseln zu Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung. Nachdem die Versicherer einige Schlappen kassiert haben, konnte die Deutsche Krankenversicherung AG (DKV) nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zumindest einen Teilerfolg erzielen. Ein Urteil mit Signalwirkung auch für andere private Krankenversicherer, denn es geht um Klauseln aus den PKV-Musterbedingungen, die für Millionen von Verträgen gelten dürften.
OLG sieht Rückzahlungsanspruch
Die Vorgeschichte: Nachdem der Versicherungsnehmer mit seiner Klage vor dem Landgericht Köln in erster Instanz noch gescheitert war, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln im September 2020 (Az. 9 U 237/19) teilweise zu seinen Gunsten. Die Richter waren der Auffassung, dass zwei Vertragsklauseln, auf deren Grundlage die Prämien mehrfach erhöht wurden, unwirksam seien. Der Versicherer habe zudem die Anpassungen gegenüber seinen Kunden nicht ausreichend begründet. Der Kunde habe demnach Anspruch auf eine Rückerstattung von 9500 Euro.
BHG bestätigt eine unwirksame Klausel
Doch damit war die Sache nicht vom Tisch. Die DKV ging in Revision. Und das mit Erfolg, denn der BGH hat den Spruch aus Köln teilweise korrigiert. Bestätigt wurde in Karlsruhe, dass Paragraph 8 Absatz 2 der Musterbedingungen eine unwirksame Klausel darstellt. Darin heißt es: „Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.“ Die Formulierung „von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden…“ suggeriert nach Ansicht der Richter, dass es dem Versicherer auch bei einer nur vorübergehenden Änderung der Kosten erlaubt ist, den PKV-Beitrag im jeweiligen Tarif anzuheben. Es sei quasi die freiwillige Entscheidung des Versicherers, es nicht zu tun. Tatsächlich sind Beitragsanpassungen bei nur einem vorübergehenden Anstieg der Kosten den Versicherern aber schlicht verboten. Damit weicht die Klausel zum Nachteil des Kunden von § 203 des Versicherungsvertragsgesetzes ab, jenem Paragraphen also, in dem die Bedingungen für Prämien- und Bedingungsanpassungen festgeschrieben sind.
Zweite Klausel in Sachen Prämienerhöhung rechtens
Allerdings hat die Unwirksamkeit von Absatz 2 laut BGH nicht zur Folge, dass auch Paragraph 8 Absatz 1 der PKV-Musterbedingungen unwirksam ist und darauf beruhende Beitragsanpassungen keine Gültigkeit haben. So hatten es noch die Kölner Richter gesehen. Das oberste deutsche Gericht stellte jedoch fest, dass eine „wirksame Prämienanpassungsklausel in § 8b Abs. 1 MB/KK in Verbindung mit den Tarifbedingungen des Versicherers“ besteht. Der Paragraph erlaubt es den Anbietern vertraglich festzuschreiben, dass auch bei einer fünfprozentigen Abweichung von Kosten und Sterbezahlen der Beitrag raufgesetzt werden darf. Mit der Regelung mache der Versicherer in Verbindung mit den Tarifbedingungen allein davon Gebrauch, den Schwellenwert für die Prüfung einer Beitragsanpassung von zehn Prozent auf fünf Prozent abzusenken. Diese Möglichkeit wird in § 155 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes eingeräumt. Und weiter: Selbst wenn man Absatz 2 streicht, bleibe die übrige Regelung „weiterhin aus sich heraus verständlich“, so der BGH, der den Fall an das OLG zur erneuten Prüfung zurückverwies.
PKV-Verband begrüßt Urteil
Klar ist aber schon jetzt, dass die Anbieter die in dem Verfahren strittige Klausel weiterhin anwenden und damit auch Prämienanpassungen bei einer fünfprozentigen dauerhaften Abweichung von Kosten und Sterbewahrscheinlichkeit rechtfertigen dürfen. Bedingung ist nur, dass die steigenden Prämien gegenüber den Kunden ausreichend begründet werden. Hier reicht es jedoch aus, zu nennen, welche der auslösenden Faktoren sich geändert haben. Einblick in die Tarifkalkulation des Versicherers werden die Betroffenen weiterhin nicht erhalten.
Der PKV-Verband begrüßt derweil wenig überraschend das Urteil und teilt mit, dass der BGH in der Diskussion um notwendige Beitragsanpassungen auch im Interesse der Versicherten weitere Rechtssicherheit schaffe. Ob das Urteil tatsächlich im Interesse der Versicherten liegt, darf allerdings bezweifelt werden.