Rentenbesteuerung: BFH-Urteile mit weitreichenden Folgen
Wie fair werden Renten besteuert? Laut Bundesfinanzhof stellen die aktuellen Regelungen keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung dar. Noch. Denn bei künftigen Rentenjahrgängen mit wachsender Steuerlast kann sich das Blatt zugunsten der Steuerzahler wenden.
Die wegweisenden Richtersprüche wurden mit Hochspannung erwartet – und zwar sowohl vom Fiskus als auch von Millionen aktueller wie künftiger Rentner: In zwei Klagen sollte der Bundesfinanzhof (BFH) klären, ob die gesetzlichen Renten unter die Doppelbesteuerung fallen und Rentenbezieher unterm Strich finanziell benachteiligt werden.
Rechtsstreit um Rentenreform aus Schröders Zeiten
Stein des Anstoßes ist die seit 2005 geltende „nachgelagerte“ Besteuerung. Bis dahin wurden die Rentenbeiträge aus versteuertem Lohn gezahlt. Dafür wurden die späteren Rentenbezüge mit dem geringen „Ertragsanteil“ versteuert, was defacto eine komplette Steuerfreiheit bedeutete. Mit dem neuen Alterseinkünftegesetz hat die damalige Rot-Grüne Regierung das Verfahren umgekrempelt: Die Rentenbeiträge werden vor Steuern bezahlt, die Rentenbezüge jedoch versteuert. Die Umstellung erfolgt jedoch schrittweise. In einer Übergangsphase, die bis 2040 läuft, steigt der zu versteuernde Anteil von 50 auf 100 Prozent. Aktuell liegt er bei 81 Prozent. Im Klartext: Der Rentenjahrgang 2021 muss (abzüglich Freibeträge) 81 Prozent seiner Rente versteuern.
Künftige Rentenjahrgänge zahlen womöglich drauf
Die Bundesrichter entschieden nun in beiden Fällen (Az. XR 33/19; Az. XR 20/19), dass keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt. Das gilt aber nur für die zwei verhandelten Streitfälle. Bei späteren Rentenjahrgängen werde sich das ändern, so die Richter. Der Steuerfreibetrag dürfte dann rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren.
Erstmals stellten die Finanzrichter nun auch konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten fest. Dabei hat der BFH klargestellt, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Freibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines möglicherweise länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente gehören. Im Streitfall war daher auch der steuerfrei bleibende Teil einer späteren – bei statistischer Betrachtung wahrscheinlichen – Witwenrente zu berücksichtigen.
Grundfreibetrag nicht abziehbar, Rentenerhöhungen voll steuerpflichtig
Alle anderen Beträge, die die Finanzverwaltung ebenfalls als „steuerfreien Rentenbezug“ in die Vergleichsrechnung einbeziehen möchte, müssen nach Auffassung des BFH unberücksichtigt bleiben. Damit bleibt insbesondere auch der sogenannte Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum sichern soll, bei der Berechnung des „steuerpflichtigen Rentenbezugs“ unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Damit würden jedoch zwei gewichtige Entlastungsposten entfallen – und die Gefahr einer Deoppelbesteuerung bei künftigen Rentengeneration steigen.
Entschieden wurde auch über die Versteuerung von Rentenerhöhnungen. Diese dürfen von den Finanzämtern weiterhin auch in der Übergangsphase in voller Höhe berücksichtigt werden und nicht nur – wie von den Klägern verlangt – mit dem geringeren individuellen Besteuerungsanteil.