Umfrage offenbart Akzeptanzproblem bei der bAV
Entgeltumwandlung hat sich in den meisten Betrieben fest etabliert. Viele Mitarbeiter verstehen die Angebote nicht und greifen daher kaum zu, so das Ergebnis einer Willis Towers Watson-Umfrage. Das langsame Ende der klassischen Garantiemodelle verstärkt das Misstrauen in die betriebliche Altersvorsorge zusätzlich.
Trotz politischen Rückenwinds kommt die betriebliche Altersvorsorge (bAV) nicht so recht in Fahrt. Auch im vierten Jahr nach Einführung des Betriebsrentengesetz registrieren rund drei Viertel der Unternehmen (76 Prozent) keine wesentliche Veränderung in Sachen bAV. Das ergab eine aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. Ernüchternde Erkenntnis: Zwar bieten inzwischen 87 Prozent der Firmen Regelungen für die Entgeltumwandlung in Altersvorsorgeansprüche an. Aber in nur 35 Prozent der Unternehmen machen mehr als die Hälfte der Mitarbeiter davon Gebrauch.
Niedrigzins und komplexe Produktauswahl als Attraktivitäts-Killer
Die Gründe für die Zurückhaltung liegen nach Einschätzung der Unternehmen vor allem am Wissensmangel. Mitarbeitern fehle vielfach das Bewusstsein über den eigenen Vorsorgebedarf – ein wichtiger Ansatzpunkt für Vermittler solcher Produkte. Erschwerend hinzu komme der Niedrigzinswandel. Produkte mit Garantieversprechen weichen mehr und mehr kapitalmarktausgerichteten Angeboten mit höheren Renditechancen.
„Viele Unternehmen vermuten, dass die Mitarbeiter – nach vielen Veränderungen bei den Versicherungsangeboten in nur kurzer Zeit – nur noch wenig Vertrauen in solche Produkte haben“, erklärt Heiko Gradehandt, Senior Director Retirement bei Willis Towers Watson. Zudem bevorzugten sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter bislang die klassischen Garantielösungen. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Unternehmen bieten sie noch an.
Zwei Drittel der Arbeitnehmer setzen bei Altersvorsorge auf Sicherheit
Positiv zu bewerten ist, dass die bAV aus Entgeltumwandlung von der Corona-Krise weitgehend unbeeinträchtigt blieb. Mehrheitlich sahen die Unternehmen im Jahr 2020 keine Auswirkungen der Pandemie darauf und erwarten dies auch für 2021 nicht. Da aber kein Ende der Niedrigzinsphase in Sicht ist, stecken die Anbieter von bAV-Lösungen in einem Dilemma. Sie müssen an den unpopulären, kapitalmarktnäheren Lösungen festhalten, um Produkte attraktiv gestalten zu können.
Zwei Drittel der Arbeitnehmer setzen bei der Altersvorsorge aber auf Sicherheit und nicht auf Rendite wie der „Global Benefits Attitude Survey 2019/2020∗“ von Willis Towers Watson gezeigt hat. Entsprechend herrscht bei den Unternehmen eine hohe Skepsis bezüglich der Entwicklung hin zu verminderten Garantieversprechen: 44 Prozent sehen dies sehr kritisch, 26 Prozent wollen entsprechende Produkte gar nicht anbieten.
Vermittler in der (Aufklärungs-)Pflicht
Hier sieht Gradehandt sowohl die Anbieter als auch die Vermittler von Entgeltumwandlungsmodellen in der Pflicht: „Mitarbeiter werden Vorsorgeangebote nur annehmen, wenn sie sie verstehen. Viele Unternehmen, Versicherungsvermittler und Produktanbieter haben diesen Stolperstein zwar erkannt, aber nicht ausgeräumt. Schlüssige Kommunikationskonzepte werden noch zu selten umgesetzt“, so der bAV-Experte.