Versicherungsvertrieb: Kommen neue Aufsichtspflichten?
Die deutsche Gewerbeordnung muss an die schon seit Jahren geltende Europäische Versicherungsvertriebsrichtlinie angepasst werden. Die Neuerung hat mehr Transparenz im Blick, Behörden sollen länderübergreifend besser zusammenarbeiten, wenn es um die Aufsicht über Versicherungsvermittler und -berater geht.
Die Bundesregierung will mit einem im August veröffentlichten Gesetzentwurf (Bundestags-Drucksache 20/3067) die Gewerbeordnung (GewO) ändern. Dieser enthält neben anderen Bestimmungen eine verspätete Umsetzung der Europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD), die eigentlich bereits seit 2018 ins deutsche Recht übernommen wurde. Die Änderungen erfolgen offenbar auf Druck der Europäischen Kommission, wie in der Gesetzesbegründung angedeutet wird. Der Bundesrat muss der Vorlage nach eventuellen Änderungswünschen noch zustimmen.
Industrie- und Handelskammern werden in europaweite Aufsicht eingebunden
Konkret geht es um eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Aufsicht der Behörden über die Tätigkeit von Versicherungsvermittlern und -beratern. Dazu soll die Gewerbeordnung um einen neuen Paragrafen 11d ergänzt werden. Geplant ist, dass die in Deutschland regional aufgestellten Industrie- und Handelskammern (IHKen) als Erlaubnisbehörden eng mit der Europäischen Kommission und den Behörden anderer Länder zusammenarbeiten. Das betrifft beispielsweise ausländische Vermittler der EU und der weiteren Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, die in Deutschland Niederlassungen unterhalten. Hier müssen Vereinbarungen mit der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes getroffen werden, wer die Aufsicht über den Vermittler übernimmt. Zudem sollen kritische Informationen ausgetauscht werden, die eine Zulassung betreffen bzw. gefährden, etwa zu den geordneten Vermögensverhältnissen und anderen Anforderungen an die Vermittlertätigkeit. Laut Gesetzesentwurf soll eine IHK nun ausländische Aufsichtsbehörden informieren, wenn ein ausländischer Vermittler gegen seine Pflichten verstößt - und kann selbst Maßnahmen ergreifen, wenn die ausländische Behörde nicht tätig wird. Das Ganze soll auch in umgekehrter Richtung gewährt sein, wenn deutsche Vermittler im Ausland tätig sind.
Umsetzung des Sanktionsmechanismus könnte schwierig werden
Koordiniert werden soll der Austausch durch das Bundeswirtschaftsministerium und das vom Industrie- und Handelskammertag überwachte Vermittlerregister. Die verhängten Sanktionen müssen dann der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA gemeldet werden. Das betrifft unter anderem die Frage, welche Sanktionen verhängt wurden und ob Rechtsmittel eingelegt wurden, auch mit welchem Ergebnis. Diese Meldungen scheinen von deutscher Seite laut dem bereits zweimal erschienenen Bericht der EIOPA über Sanktionen und andere Maßnahmen bisher zu funktionieren. Art und Anzahl von Sanktionen wurden im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gemeldet. Allerdings fehlen im Fall der Geldbußen die Beträge der verhängten Strafen. Das Problem hierbei ist, dass die bundesweit 79 IHKen selbst nicht über diese Informationen verfügen, weil die Strafen von den kommunalen Ordnungsbehörden verhängt werden. Inwieweit die föderale Vielfalt der Zuständigkeiten hierzulande für die Umsetzung erschwert, wird sich noch zeigen. Zweifel scheinen angebracht.
Verbände sehen für Mitglieder keine Konsequenzen
Laut eines Medienberichts sehen Vermittlerverbände für ihre Mitglieder keine bedeutsamen Auswirkungen durch die Gesetzesinitiative. Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung sagt: „Wir sehen keinen Informations- oder Handlungsbedarf.“ Laut Wirth geht es in erster Linie um „teilweise redaktionelle Änderungen wie etwa Ministeriumsnamen oder aber auch Anpassungen an innereuropäische bürokratische Regelungen für grenzüberschreitende gewerbliche Tätigkeiten“. Und das sei für AfW-Mitglieder nicht relevant.
„Wir werden unsere Mitglieder grundsätzlich noch einmal auf die Anzeigepflichten hinweisen. Tatsächlich zeigt das Gesetzgebungsverfahren jedoch, wie lange es teilweise auch in Deutschland noch dauert, Vorgaben aus den europäischen Richtlinien in nationales Recht umzusetzen“, ergänzt Martin Klein, geschäftsführender Vorstand Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa. Es bleibe abzuwarten, wie lange man benötige, um die notwendige, aber technische einfache Anpassung vorzunehmen, um die Abfragepflicht zu den Nachhaltigkeitspräferenzen für die Finanzanlagevermittler umzusetzen.