Sie sind Treuhänder, Produktexperten und Ratgeber – ohne die Vermittler geht nichts in der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Sie leben von ihren Kundenbeziehungen, kümmern sich um den persönlichen Kontakt und sorgen für das nötige Vertrauen. VP-Online stellt unabhängige Makler, Exklusiv-Vertreter und Spezialisten an dieser Stelle vor und gibt dieser wichtigen Berufsgruppe eine Stimme.
Wie war Ihr persönlicher Weg in die Versicherungsbranche und in Ihre jetzige Position?
„Schuld“ an meinem Weg in die Versicherungsbranche ist mein relativ schlechter Schulabschluss. Im Jahr 2007 war der Arbeitsmarkt ein ganz anderer als 2024. Mit einem 3,2er-Schnitt im Fachabi haben sich die Unternehmen damals nicht gerade um mich gerissen. Zudem hatte ich auch zweimal eine Klasse wiederholt.
Der einzige Arbeitgeber, der mich damals zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, war die Debeka Geschäftsstelle in Aschaffenburg. Im persönlichen Vorstellungsgespräch konnte ich dann den Geschäftsstellenleiter Wolfgang Fischer überzeugen. Ich bin ihm bis heute dankbar für diese Chance.
Nach meiner Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen habe ich Betriebswirtschaft und Recht studiert und mich dann 2015 als Versicherungsmakler selbstständig gemacht. Die Marke „Versicherungen mit Kopf“ in Verbindung mit Aufklärungsvideos auf Social Media ist im April 2016 an den Start gegangen.
Was ist Ihre Kernbotschaft, warum Kunden ausgerechnet zu Ihnen kommen sollen?
„Erst verstehen, dann versichern!“ Diesen Slogan tragen wir seit der Gründung nach außen. Wer richtige Versicherungsentscheidungen treffen möchte, muss die Fachthemen verstehen. Genau hier setzen wir an: Wir wollen die Menschen auf unseren Kanälen bei YouTube, Instagram, TikTok und Co. „aufschlauen“, damit sie eine fundierte Entscheidung in Bezug auf Versicherungen treffen können. Wir sind die Brücke zwischen „ich habe keinen Bock auf Versicherungen“ und „aber das Thema ist halt dennoch wichtig“. Genau deshalb kommen dann auch viele der Menschen, die unsere Videos schauen, zu uns in die Onlineberatung.
Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für Ihre Arbeit?
Wir versuchen als Unternehmen so nachhaltig wie möglich zu arbeiten. So beraten wir schon seit 2016 ausschließlich online. Dadurch gibt es keine Autofahrten mehr zu Kunden und es wird kein Sprit mehr verbraucht. Außerdem verzichten wir infolge der Umstellung auf digitale Kundenkommunikation auf Papierausdrucke. Ich persönlich unterstütze diverse Nachhaltigkeitsprojekte wie z.B. tree4tree.de von meinem Freund und Kollegen Klaus Hermann.
Wie stark haben Sie Ihre Arbeit bisher digitalisiert?
Ich würde hier gerne sagen zu 100 Prozent, aber wahrscheinlich sind wir eher bei 95 Prozent. Effiziente, digitale Prozesse sind eine absolute Notwendigkeit bei uns im Unternehmen. Wir sind komplett remote aufgestellt, ohne zentrales Büro. Deshalb muss auch fast alles digital und online ablaufen: von der Kundengewinnung über die Kundenberatung bis zum Vertragsabschluss und zur weiteren Betreuung. Die meisten unserer Kunden haben mich oder meine Berater noch nie persönlich gesehen.
Welche bürokratischen Rahmenbedingungen für Vermittler würden Sie gern ändern
Die vielen regulatorischen Maßnahmen der vergangenen Jahre haben Vermittlern die Arbeit unnötig erschwert: Sie sind in großen Teilen einfach komplett praxisuntauglich – von der DSGVO bis zur Transparenzverordnung. Häufig läuft man nur hinterher und versucht irgendwelche Vorgaben zu erfüllen, welche in Teilen schlichtweg gar nicht erfüllt werden können oder auch komplett am Bedarf des Kunden vorbeigehen. All diese Änderungen haben sicherlich nicht zu einer besseren Kundenberatung geführt, weil genau dafür immer weniger Zeit bleibt.
Was sollte sich aufseiten der Versicherungswirtschaft in der Zusammenarbeit unbedingt ändern?
Oft steht man als Vermittler vor neuen Produkten oder Prozessen und muss sich dann doch ernsthaft fragen, wer hier dachte, dass das wirklich eine gute Idee ist. Daher empfehle ich insbesondere den Maklerversicherern, zuerst mal ihre Kunden – also die Vermittler – zu fragen, was sie wünschen und wie sie neue Produkte bewerten. Der Austausch muss hier viel enger werden. Das gilt für die Produktentwicklung genauso wie für die Prozessoptimierung.
Was war im Beruf bisher Ihr größter Erfolg?
Mein persönlich größter Erfolg war sicherlich mein Buch „Total ver(un)sichert – was du mit 18 über Versicherungen wissen solltest, aber mit 30 immer noch nicht weißt“. Dass das Buch am Ende auf zahlreichen Bestseller-Listen ganz oben und sogar auf Platz 2 der Spiegel-Bestseller-Liste stehen würde, das hätte ich mir vorher absolut nicht vorstellen können. Sehr geehrt hat mich vor allem das extrem positive Feedback zum Buch von Kolleginnen und Kollegen aus der Branche. Aber auch die mehrfachen Einladungen ins Bundesfinanzministerium, um mich mit Bundesfinanzminister Christian Lindner auszutauschen und ihn zu interviewen, stehen ganz weit oben auf meiner persönlichen Hitliste.