17.05.2022 Branche

Neue Studie offenbart Pflegedilemma

Unterschätzte Kosten, fehlendes Wissen, körperliche Überlastung – die „HanseMerkur Pflegestudie 2022“ verdeutlicht die großen Probleme im Bereich Pflege. Besonders schwer haben es pflegende Familienangehörige.

Die Pflege der eigenen Familienmitglieder ist vielen Menschen eine Herzensangelegenheit. Was viele unterschätzen: Mit dem Hauptjob lässt sich diese zeit- und kraftaufwändige Aufgabe selten unter einen Hut bekommen. (Foto: Gerd Altmann/Pixabay)
Die Pflege der eigenen Familienmitglieder ist vielen Menschen eine Herzensangelegenheit. Was viele unterschätzen: Mit dem Hauptjob lässt sich diese zeit- und kraftaufwändige Aufgabe selten unter einen Hut bekommen.
(Foto: Gerd Altmann/Pixabay)

In Deutschland gibt es laut Bundesministerium für Gesundheit aktuell mehr als 4,5 Millionen Pflegebedürftige. Ein Großteil davon wird von den eigenen Angehörigen versorgt. Ihr Einsatz ist von unschätzbarem gesellschaftlichem Wert, denn ohne sie würde vermutlich das gesamte Pflegesystem zusammenbrechen. Die „HanseMerkur Pflegestudie 2022“ zeigt, wie groß die Bereitschaft zur häuslichen Pflege tatsächlich ist. Sie offenbart aber auch, dass ein Großteil der Befragten die Kosten für die Pflege stark unterschätzt.  

Pflege als Job-Vernichter

 

Die repräsentative Befragung wurde vom Marktforschungsunternehmen Heute und Morgen GmbH im Auftrag der Hanse Merkur unter rund 3000 Personen zwischen 18 und 75 Jahren durchgeführt. Die gute Nachricht: Die Pflegebereitschaft ist hoch. Laut Studie würde die Mehrheit dafür sogar auf Arbeitszeit, Job und Karriere verzichten. Ca. ein Drittel der Befragten haben bereits selbst gepflegt und 76 Prozent sind im persönlichen Umfeld mit Pflege in Berührung gekommen. Unter denen, die noch keine Pflegerfahrungen haben, lehnt nur ein kleiner Teil (13 Prozent) die Pflege einer nahestehenden Person ab. Laut Hanse Merkur bedeuten diese Zahlen eine hohe Brisanz, weil sie direkten Einfluss auf die Arbeitswelt haben.

„Für viele Unternehmen ist es bereits heute die größte Herausforderung, genügend Fachkräfte zu gewinnen. Wenn sie dann noch wichtige Mitarbeiter an die Angehörigenpflege verlieren, verschärft dies den Fachkräftemangel gravierend“, sagt Marko Böttger, Abteilungsleiter Kooperationen betriebliche Pflegezusatzversicherung der Hanse Merkur. Zudem gaben die meisten pflegenden Angehörigen an, trotz der Belastung weitergearbeitet zu haben. Psychische Probleme, Stress und körperliche Beschwerden hatte dies bei fast jedem Zweiten zur Folge.

Finanzielle Fehleinschätzung

 

Gleichzeitig gibt es laut des Versicherers nur in jedem vierten Unternehmen Angebote für pflegende Mitarbeiter. Fast die Hälfte der Berufstätigen wisse nicht einmal, an welchen Ansprechpartner im Unternehmen sie sich wenden sollten. Ohnehin mangele es an Aufklärung. Obwohl das Problembewusstsein für drohende Engpässe im Pflegefall durchaus vorhanden ist, habe sich mehr als die Hälfte noch nicht über die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung informiert. Die Hanse Merkur verweist hier auf aktuelle Zahlen des PKV-Verbands. Demnach haben 36 Prozent der Deutschen keine Vorstellung davon, wie hoch die Kosten in der Pflege liegen. Der Schätzung von durchschnittlich 1000 Euro pro Monat stehen tatsächliche 2248 Euro pro Monat entgegen.

Arbeitgeber in der Pflicht

 

Aufgrund dieser vermeintlichen Defizite appelliert die Hanse Merkur an die Arbeitgeber. Sie müssten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in der Pflege deutlich größere Aufmerksamkeit schenken. „Die Unterstützung der Angehörigenpflege und die Absicherung des eigenen Pflegerisikos wird in Zukunft ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen sein“, ist sich Böttger sicher. Im Kampf um die besten Mitarbeiter spielten solche weichen Faktoren neben dem Gehalt eine wichtige Rolle. Dazu passt, dass 93 Prozent der Befragten eine betriebliche Pflegevorsorge ihres Arbeitgebers für die Belegschaft begrüßen würden. 

Quelle: Hanse Merkur
Quelle: Hanse Merkur

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