Elementarschäden: Justizminister torpediert Versicherungspflicht
Zunächst ergebnislos sind die Beratungen der Bundesländer mit Bundeskanzler Olaf Scholz zum Thema Pflichtversicherung gegen Elementarschäden geblieben. Bundesjustizminister Marco Buschmann erteilte dem Vorhaben überraschend eine Absage.
In der Diskussion ist sie spätestens seit der verheerenden Flutkatstrophe im Sommer 2021: die Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. Bundeskanzler Olaf Scholz und die 16 Ministerpräsidenten waren sich auf ihrem Treffen denn auch darüber einig, sie einzuführen. Doch daraus wird erst mal nichts: „Der Justizminister hat dem heute eine Absage erteilt und damit – wenn ich das sagen darf – Verwunderung ausgelöst“, berichtete NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst (CDU) auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die große Runde. Sowohl Wüst als auch sein niedersächsischer Kollege Stephan Weil (SPD) warnen davor, die Einführung einer Pflichtversicherung noch lange hinauszuzögern. Naturkatastrophen könnten jeden treffen, argumentieren sie. Es sei nicht richtig, in solchen Fällen immer wieder „riesige Sondertöpfe aus den öffentlichen Haushalten“ zusammenzustellen.
Buschmann will Eigentümern keine höheren Kosten aufbürden
Der Bundesjustizminister will Immobilienbesitzer nicht per Gesetz zum Abschließen einer Versicherung gegen Elementarschäden zwingen. „In einer Zeit höchster finanzieller Belastungen privater Haushalte sollten wir von allem die Finger lassen, was Wohnen und Leben in Deutschland noch teurer macht“, sagte Buschmann. Die höheren Kosten, die den Eigentümern durch eine Pflichtversicherung entstünden, würden auch „an Mieter durchgereicht werden“. Verfassungsrechtlich wäre eine solche Versicherungspflicht seines Erachtens wohl möglich, er halte sie jedoch politisch für falsch, so Buschmann. Die Länder könnten in dieser Frage – soweit der Bund selbst keine Regelung getroffen habe – auch selbst tätig werden. Die Länderjustizminister hatten die Einführung einer Pflicht für private Wohngebäudeeigentümer zur Versicherung gegen Elementarschäden innerhalb eines vom Gesetzgeber auszugestaltenden Korridors für machbar erachtet. Auch auf einer Ministerpräsidenten-Konferenz im Juni hatte man einhellig für die Pflicht votiert.
Milliardenschaden durch Naturkatastrophe
Die Diskussion um eine Versicherungspflicht gegen Elementarschäden hatte durch die Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr Fahrt aufgenommen. Das Unwetter verursachte einen Versicherungsschaden in Höhe von rund 8,5 Milliarden Euro. Für die deutsche Versicherungswirtschaft war es die bislang teuerste Naturkatastrophe. Der Staat hatte sogar bis zu 30 Milliarden Euro für den Wiederaufbau in Aussicht gestellt. Zum Zeitpunkt der Sturzflut waren nur 46 Prozent der Wohngebäude in Deutschland gegen Naturgefahren versichert. In Rheinland-Pfalz, das besonders stark betroffen war, lag die Abdeckung bei 37 Prozent. Nach einer Schätzung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist die gesamtdeutsche Quote seither auf rund 50 Prozent gewachsen. Eine Pflichtversicherung sieht der GDV aber kritisch. Kurz vor dem Bund-Länder-Treffen hatte Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen das noch mal bekräftigt: „Wir Versicherer appellieren an die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer, Prävention und Klimafolgenanpassung in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen zu stellen.“ Eine singuläre Pflichtversicherung löse das Problem nicht, im Gegenteil, sie verhindere keinen einzigen Schaden, so Asmussen. Nun steht das Thema auf Wiedervorlage – und es ist zu wünschen, dass in der Zwischenzeit keine größeren Naturkatastrophen über die Eigenheimbesitzer hereinbrechen.